Der angemessene Schadensersatz bei Verstoß gegen eine Creative Commons Lizenz

Wie bereits auf der Seite "Creative Commons Lizenz" geschildert werden die Nutzungsbedingungen der Creative Commons Lizenzen in vielen Fällen und aus unterschiedlichen Gründen nicht eingehalten. Die Folge eines solchen Verstoßes ist, dass eine Verletzung des Urheberrechts des Rechteinhabers vorliegt. Die Frage ist, was dies für Folgen hat. Unzweifelhaft steht dem Rechteinhaber nunmehr ein Unterlassungsanspruch zu, den er im Wege der Abmahnung verfolgen kann. Daneben ist vor allem die Frage relevant, ob und ggf. in welcher Höhe dem Fotografen ein Schadensersatzanspruch zusteht.

Die Frage, ob ein Schadensersatzanspruch besteht, müsste eigentlich ganz klar zu beantworten sein. Gleichwohl erlebt man immer wieder, dass manche Rechtsanwälte einen Schadensersatz insgesamt bestreiten. Die Gerichte beurteilen derartige Sachverhalte höchst unterschiedlich, weshalb an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen über diverse aktuelle Urteile unterschiedlicher Gerichte berichtet wird.

Erste Urteile: Tendenz zur Anwendbarkeit der MFM-Tabelle

Erste Urteile zu Creative Commons (CC) Lizenzen und dem zu zahlenden Schadensersatz bei einer Urheberrechtsverletzung in diesem Bereich sind soweit uns bekannt in Deutschland ab dem Jahr 2014 bekannt. Außergerichtlich war man bis dahin überwiegend davon ausgegangen, dass ein Fotograf bzw. sonstiger Rechteinhaber auf die MFM-Tabelle zurückgreifen kann und die auch sonst üblichen Beteträge im Rahmen der Lizenzananogie aufrufen kann.

Dies ist auch die Tendenz in einem frühen Urteil des Landgerichts Köln vom 05. 032014 (AZ.: 28 O 232/13). Dort war der Nutzer zur Zahlung von € 310,00 Schadensersatz verurteilt worden. Das Landgericht Köln verwies dabei bezüglich der Schadenshöhe ausdrücklich auf dasTarifwerk der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing. Das Urteil wurde in der Folgezeit deswegen kritisiert, weil es die Besonderheiten der Creative Commons Lizenzen nicht hinreichend berücksichtigt habe.

Die Trendwende? OLG Köln: Urteil vom 31.10.2014 (AZ.: 6 U 60/14) und die Null-Euro-Rechtsprechung

Als soweit uns bekannt erstes Oberlandesgericht hatte sich das OLG Köln mit der Frage des Schadensersatzes bei Creative Commons Lizenzen zu beschäftigen. Das OLG wertete die CC Bedingungen als allgemeine Geschäftsbedingungen und urteilte zunächst, dass die entsprechende Klausel der CC Bedingungen, nach der bei einVerstoß eine automatische Beendigung des Vertragsverhältnisses zur Folge hat, wirksam ist. Die Folge ist, dass bei einem Verstoß zunächst ein Unterlassungsanspruch besteht, der abgemahnt werden kann und bei dem dann die Anwaltskosten vom Verletzer zu erstatten sind. So weit so gut.

Der Kracher dieses Urteils liegt etwas versteckt am Ende, hat es aber in sich. Das OLG Köln hat in seinem Urteil vom 31.10.2014 zunächst darauf verwiesen, dass dem klagenden Fotografen grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Auch dies ist nicht wirklich eine neue Erkenntnis. Auch steht es dem Fotografen zu, aus mehreren Berechnungsmethoden zu wählen, wobei sich hier der Fotograf für die Lizenzanalogie entschieden hatte. In diesem Zusammenhang wies das Gericht auf den Umstand hin, dass der klagende Fotograf hier - die Einhaltung der Nutzungsbedingungen vorausgesetzt - sein Bild kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Das OLG Köln weiter: "Eine Berechnung in Anlehnung an die MFM-Empfehlungen scheidet daher aus. Der „objektive Wert“ der nicht-kommerziellen Nutzung eines unter der Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts kann nur mit Null angesetzt werden." Sodann billigte das Gericht die Praxis, den lizenzanalogen Schadensersatz zu verdoppeln, wobei bei einem Grundbetrag von null Euro die Summe immer noch null Euro betrug.

Für den Fotografen bedeutete dies, dass er seinen Schadensersatzanspruch durchgesetzt bekam und auch einen Anspruch auf Kostenerstattung hat, jedoch keinerlei Schadensersatz zugesprochen bekam.

Die Gegenauffassung des LG München I: Urteil vom 17.12.2014 (AZ.: 37 O 8778/14)

Nur kurze Zeit nach dem OLG Köln hatte sich das Landgericht München I mit der Thematik auseinanderzusetzen. In Kenntnis der kurz zuvor ergangenen Rechtsprechung des OLG Köln hat das Landgericht München I einen anderen Ansatz gewählt und dem verletzten Rechteinhaber - neben dem Anspruch auf Unterlassung und Kostenerstattung - auch einen Schadensersatz zugesprochen. Dass bei Einhaltung der Nutzungsbedingungen von Creative Commons zwar das Bild "kostenlos" genutzt werden durfte, sah das Landgericht München I zwar, nach Auffassung des Gerichts führte dieser Umstand aber nicht dazu, dass auch bei einem Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der Schadensersatz mit null Euro anzusetzen wäre.

Vielmehr sei der Schadensersatz nach den gewöhnlichen Grundsätzen der Lizenzanalogie zu ermitteln, wobei die MFM-Tabelle nicht ohne weiteres angewendet werden könne, da diese nur Empfehlungen beinhalte, jedoch nicht generell als Maßstab heranzuziehen seien. Das Landgericht München I nahm sodann eine Schätzung des Schadensersatzes nach § 287 ZPO vor, in der es mehrere Aspekte berücksichtigte, insbesondere den Umstand, dass es eine hochwertige Fotografie eines Berusfotografen war, die Dauer der Nutzung sowie die gewerbliche Nutzung durch die Beklagte. Wohl aufgrund der zuvor bekannten Rechtsprechung aus Köln sah sich das Landgericht München I zu folgender Feststellung veranlasst:

"Auf der anderen Seite ist bei der Schätzung des Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berücksichtigen, dass der Kläger das Lichtbild unter bestimmten Bedingungen kostenlos lizenziert hat. Die Tatsache, dass das Lichtbild unter Einhaltung von Lizenzbedingungen auch kostenlos genutzt werden konnte, führt nicht dazu, dass dem Lichtbild kein Wert beizumessen wäre. Der Kläger hat ein Interesse daran, dass die Lizenzbedingungen eingehalten werden und sein Name sowie die Lizenz genannt werden. Wenn diese Voraussetzungen nicht eingehalten sind, so ist davon auszugehen, dass ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung des Nutzungsrechts sehr wohl eine Lizenzzahlung gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer eine solche gewährt hätte. Dennoch Ist der Umstand, dass der Kläger das Lichtbild unter eine Creative Commons Lizenz gestellt hat, bei der Bemessung der Höhe des zu fordernden Schadensersatzbetrages zu berücksichtigen."

Den angemessenen Schadensersatz schätzte das Gericht sodann im konkreten Fall auf € 150,00, nahm einen 50 %igen Zuschlag aufgrund der teilweise fehlenden Urheberkennzeichnung vor und sprach insgesamt € 225,00 Schadensersatz zu.

LG Frankfurt: Urteil vom 16.08.2018 (AZ.: 2-03 O 32/17): Keine null Euro, aber auch nicht MFM

  • Deutlich formulierte auch das Landgericht Frankfurt mit Urteil vom 16.08.2018, dass der Fotograf ein wirtschaftliches Interesse an der Namensnennung haben kann und dass aus diesen Gründen im Falle eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen von Creative Commons, der zu einem Entfall der Nutzungsrechte führt, der Schadensersatz keineswegs mit null Euro angesetzt werden kann. Vielmehr ist wie üblich im Wege der Lizenzanalogie das anzusetzen, was ein vernünftiger Lizenznehmer mit einem vernünftigen Lizenzgeber vereinbart hätte.

Dabei seien die Richtlinien der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing jedoch nicht als geeignete Grundlage zur Schadenschätzung geeignet. Dies lag im entschiedenen Fall auch daran, dass der Kläger nicht nachgewiesen hatte, Berufsfotograf zu sein, was jedoch hierfür Voraussetzung wäre. Sodann führt das Landgericht Frankfurt aus, dass sehr wohl zu beachten ist, dass der Fotograf das Bild an sich kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Umgekehrt ist aus Sichts des Gerichts auch zu beachten, dass dies nur unter der Bedingung der Einhaltung der Nutzungsbedingungen geschieht und dass der Fotograf ein wirtschaftliches Interesse daran haben kann, dass u.a. sein Name sowie die Lizenz genannt wird. Ohne Einhaltung der Nutzungsbedingungen hätten ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer eine Lizenz nur gegen eine Lizenzzahlung vereinbart hätten. Die Höhe dieser Lizenzzahlung ist dann zu schätzen. Das Ergebnis: irgendwo zwischen null Euro und MFM, je nach Einzelfall.

OLG Köln Urteil vom 13.04.2018 (AZ.: 6 U 131/17): Konkret null Euro, aber Abstellung auf objektiven Wert

Mit seinem neuesten bekannten Urteil zu Creative Commons Lizenzen bejahte das OLG Köln einen Unterlassunganspruch und auch einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten. Zugleich bekräftigte das OLG Köln zunächst seine Entscheidung vom 31.10.2014, ließ jedoch Abweichungen zu. Der Schadensersatz bei Creative Commons Lizenzen sei nicht mehr etwa starr mit null Euro anzusetzen, wie das in der Entscheidung 2014 noch klang. Vielmehr sei auf den objektiven Wert des Bildes abzustellen. Da im zu entscheidenden Fall der klagende Fotograf seine Bilder über Creative Commons sowohl gewerblich als auch nicht-gewerblich kostenlos anbot, sah das Gericht hier keinen Schaden des Fotografen durch die fehlende Urheberkennzeichnung.

Wird ein Bild folglich nur nicht-gewerblich kostenlos angeboten, jedoch unberechtigt gewerblich genutzt, müsste also auch nach dem OLG Köln ein Schadensersatz zuzusprechen sein. Das Gericht hatte jedoch über einen derartigen Sachverhalt nicht zu entscheiden, so dass dies lediglich eine Mutmaßung darstellt. Klagen in Köln dürften für Creative Commons Fotografen nach wie vor ein Risiko darstellen.