urteile des Bgh zu fotorechten und bildrechten

Als oberstes deutsches Zivilgericht hat der BGH von Zeit zu Zeit über urheberrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit Fotorechten und Bildrechten zu entscheiden. In Verfahren der einstweiligen Verfügung, die gerade auch im Urheberrecht eine besondere Bedeutung haben, kommt ein Fall zwar nicht zum BGH, da hier nach 2 Instanzen der Instanzenzug beendet ist. In den Hauptsacheverfahren kann es jedoch vorkommen, dass eine Entscheidung beim BGH landet. Einige für das Fotorecht besonders wichtige Entscheidungen des BGH werden an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen besprochen. Für das Fotorecht ist beim BGH der auch für das Fotorecht zuständige 1. Zivilsenat berufen.

Fotorecht-Urteil des BGH vom 20.12.2018 (AZ.: I ZR 104/17): Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim

In diesem viel beachteten Urteil vom 20.12.2018 hat der BGH die Rechte der Fotografen einerseits gestärkt, andererseits aber auch den Eigentumsschutz hervorgehoben und insoweit die Rechte von Fotografen eingeschränkt. Zu entscheiden waren vom BGH zwei unterschiedliche Sachverhalte.

Die Klägerin des Verfahrens betreibt in Mannheim das Reiss-Engelhorn-Museum. Hier werden zahlreiche Kunstwerke ausgestellt, u.a. Gemälde. Im Jahr 1992 hatte die Klägerin einen Fotografen damit beauftragt, einige der ausgestellten Gemälde zu fotografieren. Die Fotografien wurden sodann in einer Sammlung veröffentlicht. Die Klägerin hatte sich vom Fotografen sämtliche Urheberrechte an den Bildern einräumen lassen. Der Beklagte hatte Jahre später einige der Bilder eingescannt und in die Datenbank von Wikimedia Commons hochgeladen. Außerdem hatte der Beklagte bei einem Besuch im Reiss-Engelhorn-Museum selbst Bilder von den Gemälden angefertigt und auch diese Bilder in die Wikimedia Commons Datenbank hochgeladen.

Vor dem Landgericht Stuttgart sowie vor dem Oberlandesgericht Stuttgart hatte die Klägerin in den ersten beiden Instanzen Recht bekommen. Der Beklagte legte Revision beim BGH ein, der nach mündlicher Verhandlung am 31.10.2018 schließlich am 20.12.2018 sein Urteil verkündete. Die Revision des Beklagten wurde jedoch vom BGH zurückgewiesen, dieser bestätigte damit im Ergebnis die Entscheidung der Vorinstanzen.

Die von dem Fotografen des Reiss-Engelhorn-Museums aufgenommenen Fotografien sind nach Ansicht des BGH als Lichtbildwerke einzustufen, weshalb ihnen urheberrechtlicher Schutz zukommt. Der Beklagte hatte dagegen argumentiert, dass die abgebildeten Gemälde selbst gemeinfrei sind und dass Fotografien hiervon ebenfalls gemeinfrei seien müssten. Andernfalls könnte der Urheberschutz, der nach dem Gesetz 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers erlischt, ins Unendliche verlängert werden. Diesem Einwand ist der BGH mit dem zutreffenden Hinweis begegnet, dass das Gemälde und die Fotografie zwei unterschiedliche Schutzobjekte sind und dass der Fotograf, der ein solches Gemälde fotografiert, ein eigenes Werk schafft. Ausschließlich um dessen Schutz geht es hier.

Auch die vom Beklagten selbst erstellten Fotografien durfte dieser jedoch nicht veröffenltichen. Zwar war er unstreitig Fotograf dieser Bilder. Er hatte jedoch gegen das Hausrecht des Reiss-Engelhorn-Museums verstoßen. Das Museum sah ein Fotografierverbot vor, gegen das der Fotograf verstoßen hatte. Wegen dieses Verstoßes liegt ein Eingriff in das Eigentumsrecht des Museums vor, aus dem ein Anspruch auf Unterlassung folgt.

Zum Urteil des BGH vom 20.12.2018 wurde Rechtsanwalt Andreas Forsthoff interviewt. Das Interview sowie einen weitergehenden Bericht über das Urteil finden Sie hier:

https://detektor.fm/kultur/bundesgerichtshof-spricht-reiss-engelhorn-museen-urheberrecht-zu

BGH-Urteil zum Fotorecht vom 13.09.2018 (AZ.: I ZR 187/17): Sportwagenfoto

Eine sehr bedeutsame Entscheidung für das Fotorecht und für das Urheberrecht insgesamt verkündete der BGH am 13.09.2018. Es ging um das Foto eines Sportwagens, das von einem Amateurfotografen auf einer Veranstaltung erstellt wurde. Der Veranstalter verwendete das Lichtbild später auf seiner gewerblichen Facebookseite und versah das Bild noch mit einem eigenen Schriftzug, der für eine eigene Veranstaltung warb. Auf eine entsprechende Abmahnung gab der Veranstalter eine Unterlassungserklärung ab. Da das Lichtbild auch nach Abgabe der Unterlassungserklärung noch auf der Seite des Veranstalters verwendet wurde, machte der Fotograf eine Vertragsstrafe geltend und klagte, da der Veranstalter keinerlei Zahlung leistete, auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt € 900,00, auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von € 10.000,00 sowie auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von € 2.500,00.

Das Amtsgericht Leipzig verurteilte den Veranstalter lediglich zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 200,00 (€ 100,00 Schaden + 100 % Zuschlag wegen fehlender Urheberkennzeichnung) und zur Erstattung von Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von € 6.000,00. Im Übrigen wies das Amtsgericht Leipzig die Klage ab, insbesondere also auch die geltend gemachte Vertragsstrafe. Das Landgericht wies die Berufung des Amateurfotografen gegen dieses Urteil zurück, woraufhin dieser Revision beim BGH einlegte.

Der BGH wies die über die vom Amtsgericht bereits ausgeurteilten Forderungen des Klägers jedoch zurück. Die Schätzung des Schadensersatzes auf € 100,00 durch Amts- und Landgericht sei nicht zu beanstanden. Die MFM-Richtsätze seien vorliegend nicht anwendbar, da der Kläger kein Berufsfotograf war. Ob die MFM-Richtsätze bei Berufsfotografen Anwendung finden, brauchte der BGH nicht zu entscheiden. Über € 100,00 hinaus habe der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz, da es sich nach den Feststellungen des Landgerichts um ein einfaches Bild, einen Schnappschuss, gehandelt habe. Allerdings bestätigte der BGH den Verletzerzuschlag von 100 % für die fehlende Urheberkennzeichnung. Dies ist umso bemerkenswerter, da einige Instanzgerichte dies mit dem Verweis darauf ablehnen, die zur Begründung für den Verletzerzuschlag angeführte fehlende Werbewirkung bei fehlendem Urhebervermerk sei für Amateurfotografen entbehrlich.

Der BGH beanstandete auch nicht die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Abmahnkosten auf € 6.000,00. Damit ist nicht gesagt, dass der BGH andere Beträge beim Schadensersatz, beim Verletzerzuschlag oder beim Gegenstandswert nicht ebenso billigen würde. Der BGH prüft Urteile der Vorinstanzen nur auf Rechtsfehler, es ist hingegen nicht seine Aufgabe, eine neue richterliche Schätzung vorzunehmen und andere Beträge festzusetzen. Nur wenn etwa die Bemessung des Schadensersatzes oder des Gegenstandswertes durch das Landgericht rechtsfehlerhaft gewesen wäre, hätte der BGH das Urteil aufheben und entweder selbst entscheiden oder aber den Fall zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverweisen können.

Die Zahlung einer Vertragsstrafe sah der BGH ebenso wie die Vorinstanzen nicht als gerechtfertigt an, da das Bild nach Abgabe der Unterlassungserklärung nicht auf der Internetseite des Veranstalters, sondern auf einer dritten Internetseite abrufbar war und der beklagte Veranstalter bestritten hatte, das Bild dort eingestellt zu haben. Da der Kläger nicht bewiesen hatte, dass der Veranstalter das Bild dort eingestellt hatte, lag kein Rechtsfehler darin, die Klage bezüglich der geltend gemachten Vertragsstrafe abzuweisen.

Das Sportwagenfoto-Urteil des BGH hat in der Rechtsprechung der unterinstanzlichen Gerichte viel Beachtung gefunden. Der BGH hat es bei professionellen Lichtbildern von Berufsfotografen ausdrücklich offen gelassen, ob die MFM-Richtsätze eine geeignete Grundlage zur Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie sind. Damit ist eine Anwendung der MFM-Richtsätze grundsätzlich möglich, solange der BGH dies nicht ausdrücklich ausschließt. Dass die MFM-Richtsätze für Fotos von Hobbyfotografen keine Anwendung finden, ist durchaus sachgerecht. Hier hat der BGH die Schadenschätzung der Vorinstanzen bestätigt. Bemerkenswert ist, dass es sich bei dem Sportwagenfoto, um welches es hier ging, um ein einfaches Knippsbild ging. Hier hätte man durchaus auch einen deutlich geringeren Schadensersatz ansetzen können, der BGH hat jedoch die von der Vorinstanz zugesprochenen € 100,00 sowie den entsprechenden Verletzerzuschlag ausdrücklich gebilligt. Wenn wir für Mandanten, die keine Berufsfotografen sind, in letzter Zeit Schadensersatz einklagen (beispielsweise bei rechtswidrig verwendeten Produktbildern), höre ich in den mündlichen Verhandlungen immer wieder Sätze wie "100 Euro pro Bild gehen immer" von den Richtern. Insoweit hat das Urteil also Klarheit geschaffen.