Urteile des Landgerichts Kassel zum Fotorecht

Das Landgericht Kassel ist in Hessen neben dem Landgericht Frankfurt das zweite Gericht, dem eine Sonderzuständigkeit für urheberrechtliche und fotorechtliche Streitigkeiten zugewiesen ist. Das Landgericht Kassel hat im Urheberrecht eine recht weite Zuständigkeit und umfasst aufgrund der Sonderzuweisung die Landgerichtsbezirke Fulda, Kassel und Marburg an der Lahn.

 

Landgericht Kassel Fotorecht: Zivilkammer 1

Zuständig für die Entscheidung über urheberrechtliche und fotorechtliche Streitigkeiten ist beim Landgericht Kassel die erste Zivilkammer. Diese Kammer entscheidet beim Landgericht Kassel neben urheberrechtlichen Angelegenheiten auch über allgemeine zivilrechtliche Streitigkeiten.

 

Landgericht Kassel Fotorecht-Urteil vom 04.11.2010 (AZ. 1 O 772/10): Lizenzentschädigung beim Bilderklau

Ein aus Sicht der Fotografen wenig erfreuliches Urteil zum Schadensersatz verkündete das Landgericht Kassel am 04.11.2010 zu seinem Aktenzeichen 1 O 772/10. Ein Fotograf, der aufgrund der unberechtigten Nutzung seiner Bilder (Bilderklau) auf Schadensersatz im Rahmen der Lizenzanalogie geklagt hatte, bekam vom Landgericht Kassel anstelle der eingeklagten € 5.460,00 gemäß MFM-Tabelle lediglich € 450,00 zugesprochen. Demzufolge verurteilte das Landgericht Kassel auch den Fotografen zur Zahlung von 92 % der Gerichtskosten, während der Bilderklauer lediglich 8 % der Verfahrenskosten zahlen sollte. Was war geschehen?

 

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen behaupteter Urheberrechtsverletzungen auf Zahlung von Schadensersatz nach der Lizenzanalogie in Anspruch. Der Kläger betreibt u. a. Industrie- und Architekturfotografie. Die Beklagte berät vorwiegend Firmen, deren Geschäftsräume vorteilhaft ausgeleuchtet werden sollen, bei der Wahl der Leuchten und vertreibt diese. Im Jahr 2003 fertigte der Kläger von einem von der Beklagten lichttechnisch geplanten und ausgeführten Projekt insgesamt 8 Fotos. Ausweislich seines Angebots vom 7.4.2003 und seiner Rechnung vom 21.5.2003 verkaufte der Kläger 4 Fotos an die Firma zu einem Preis von € 150,00 pro Aufnahme, der „Material- sowie Nutzungs- und Veröffentlichungsrechte“ mitumfasste. Die Rechnung enthält den Zusatz: „AUFNAHMEN INKLUSIVE DER NUTZUNGS UND VERÖFFENTLICHUNGSRECHTE!“. Die Beklagte hat von 2005 bis zumindest Januar 2010 in ihrem Internetauftritt 3 dieser Bilder als Referenz für ihre Leistungen veröffentlicht, und zwar ohne Bildquellennachweis. Die Bilder waren der Beklagten von einem dritten Unternehmen kostenlos als Anerkennung für die erfolgreiche Arbeit auf CD zur freien Verfügung übergeben worden. Der Kläger hat von der Beklagten zunächst mit außergerichtlichen Schreiben vom 16.07.2009 mit Fristsetzung zum 27.07.2009 und sodann mit Anwaltsschreiben vom 01.12.2009 vergeblich Zahlung von Schadensersatz unter Heranziehung der Honorarempfehlungen der MFM für das Jahr 2009 in Höhe von € 5.580,00 verlangt und sodann € 5.460,00 beim Landgericht Kassel eingeklagt.

 

 In seiner fotorechtlichen Entscheidung vom 04.11.2010 hielt das Landgericht Kassel diesen Ansatz jedoch für verfehlt. Nach der Feststellung, dass der Beklagte die Bilder rechtswidrig verwendete und auch schuldhaft handelte, machte das Landgericht Kassel folgende Ausführungen zur Schadenshöhe im Falle von Urheberrechtsverletzungen bei Lichtbildern und Fotos:

 

 „Hinsichtlich der Schadenshöhe macht die Klägerin den ihr danach dem Grunde nach zustehenden Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie geltend. Diese beruhen auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte Anderer verletzt, nicht besser dastehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber gestanden hätte (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 1377 [1377]). Bei dieser Art der Berechnung der Schadenshöhe ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten, wobei unerheblich ist, ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung in dieser Höhe zu zahlen (vgl. BGHZ 77, 16 [25 f.]; BGH, NJW 2006, 615 [616]; BGH, NJW-RR 1995, 1320 [1321]); BGH, NJW-RR 1990, 1377 [1377]). Dabei ist es Aufgabe des Gerichts, die Schadenshöhe unter Würdigung aller Umstände gemäß § 287 Abs. 1 ZPO nach freier Überzeugung zu bemessen. Nach der Rechtsprechung können die „…“ in einem solchen Fall grundsätzlich als Maßstab herangezogen werden (vgl. BGH, NJW 2006, 615 [616]; ebenso OLG Düsseldorf, OLGR 1998, 386 [388]; LG München, Urteil vom 1.12.1999, Az. 21 O 811/99, zitiert nach JURIS). Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass der Kläger zwei Jahre vor Beginn der Rechtsverletzungen durch die Beklagte für die umfassende Verwertung der Bilder mit der Fa. „…“ ein Honorar von 150,00 € pro Aufnahme vereinbart hat. In einem solchen Fall erscheint – weil es im Rahmen der Lizenzanalogie, wie bereits dargetan, darauf ankommt, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die Benutzungshandlungen vereinbart hätten – die Heranziehung der Beträge der „…“ nicht angebracht. Vielmehr kann, wenn man unterstellt, dass der Kläger und die Fa. „…“ vernünftige Vertragspartner waren, was die Kammer hiermit tut, die für die konkret in Rede stehenden Bilder konkret vereinbarte Vergütung zugrundegelegt werden. Diesen Betrag zum Ausgleich der Inflation von 2003 auf das Jahr 2005 hoch zu indexieren sieht die Kammer keine Veranlassung, weil zwar die allgemeinen Lebenshaltungskosten von 2003 bis 2005 leicht gestiegen sind, andererseits die Bilder nunmehr nicht mehr neu waren und es sich um eine Zweitverwertung handelt, also weder Erstherstellungskosten noch erneute Materialkosten angefallen sind. Im übrigen wäre die Klageforderung selbst im Falle einer Heranziehung der „…“ deutlich überzogen, weil die „…“ 2005 ausgehend von dem Grundhonorar von 260,00 € für längere Nutzungsdauer – anders als die „…“ 2008 – keinen 50%igen Zuschlag „pro zusätzlichem Zeitintervall“ vorsehen, sondern einen Zuschlag „nach Vereinbarung“. Zudem ergibt sich aus den allgemeinen Konditionen auf S. 9 der „…“ 2005, dass sich die Honorare für die einzelne Nutzung eines Fotos verstehen und die Honorarkalkulation für mehrere Fotos individuell zu ermitteln ist (sog. Mengenrabatt). Danach käme unter Zugrundelegung der „ „ 2005 allenfalls ein Honorar in der Größenordnung von 1.300,00 € (260,00 € x 2,5 [für 3 Bilder] + 100 % [für den längeren Nutzungszeitraum]) in Betracht.

 

 Die weitergehende Zahlungsklage ist demgegenüber unbegründet. Einen Zuschlag von 100 % wegen unterlassenen Bildquellennachweises kann der Kläger nicht verlangen. Ein solcher Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung des Urheberbezeichnungsrechts (§ 13 S. 2 UrhG) setzt nämlich voraus, dass der Urheber bestimmt hat, ob und ggf. wie das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist, wobei dem Urheber nicht nur ein Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft, sondern auch ein Recht auf Anonymität zusteht. Entgegen der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Rechtsansicht besteht damit nicht „kraft Gesetzes“ automatisch eine Pflicht des Verwerters, in jedem Fall einen Bildquellennachweis zu führen; es ist vielmehr sogar denkbar, dass der Nutzer des Werkes durch die Bekanntgabe der Urheberschaft die Rechte des Urhebers gerade verletzt. Dem Kläger ist die diesbezügliche Rechtsprechung der Kammer, wonach er zu dem jeweils konkret in Rede stehenden Bild darlegen und beweisen muss, ob und falls ja welche Bestimmung nach § 13 S. 2 UrhG er im Einzelfall getroffen hat, bekannt, so z. B. aus dem Verfahren 1 O 2099/08 (nicht rechtskräftig, Aktenzeichen des OLG Frankfurt a. M.: 25 U 8/10). Er hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 9.9.2010 unter Vorlage eines an den Mitarbeiter „…“ der Fa. „…“ adressierten Schreibens vom 15.5.2003 behauptet, hinsichtlich der hier in Rede stehenden Lichtbilder von seinem Urheberbezeichnungsrecht dahingehend Gebrauch gemacht zu haben, dass er in einem Telefonat vom 14.5.2003 mit Herrn „…“ die Verwendung eines Bildquellennachweises vereinbart habe. Dem ist die Beklagte jedoch in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 20.9.2010 substantiiert entgegengetreten, indem sie unter Benennung des Mitarbeiters „…“ als Zeugen behauptet, dieser habe weder das angebliche Schreiben vom 15.5.2003 erhalten noch sei es zu der in dem Schreiben erwähnten telefonischen Besprechung gekommen. In Reaktion hierauf hat der Kläger zwar mit Schriftsatz vom 15.10.2010 ergänzend vorgetragen und unter Vorlage einer Kopie des Verbindungsnachweises für seine Mobilfunknummer und eines Faxschreibens der Fa. „…“ vom 21.5.2003 dargelegt, dass er am 14.5.2003 mit dem Zeugen „…“ unter dessen Durchwahl „…“ telefoniert habe. Dieser Schriftsatz gibt jedoch keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO, weil die Verbindungsnachweise und das Faxschreiben nichts bezüglich des Inhalts des bestrittenen Telefonkontaktes hergeben und der für die Rechtsverletzung beweisbelastete Kläger keinen weiteren Beweis angetreten hat.“

 

 Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung beim OLG Frankfurt ein. Auch wenn hier die Vermutung besteht, dass das OLG Frankfurt die Entscheidung aufgehoben und eine Beurteilung anhand der MFM-Richtlinien vorgenommen haben dürfte, ist die Entscheidung des OLG Frankfurt nicht veröffentlicht und damit unbekannt.

 

 LG Kassel Urteil zum Urheberrecht / Fotorecht vom 04.11.2010 (AZ. 1 O 772/10)

Landgericht Kassel Bildrecht-Beschluss vom 10.05.2007, Az.: 1 T 75/07

Einen Fall, in dem es um das allgemeine Persönlichkeitsrecht ging, hatte das Landgericht Kassel im Jahr 2007 zu entscheiden. Streng genommen geht es nicht um eine Verletzung des Bildrechts einer abgebildeten Person, sondern um das Persönlichkeitsrecht eines Fahrzeughalters. Da auch das Bildrecht einer abgebildeten Person als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützt ist, soll dieser Fall hier dennoch besprochen werden.

In einem Internetforum war das Kennzeichen eines Fahrzeuges abgebildet. Der Fahrzeughalter, ein Rechtsanwalt, hatte gegen die Person, die die Veröffentlichung seines Kennzeichens vorgenommen hatte, den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, war mit diesem Antrag jedoch beim Amtsgericht gescheitert. Auf seine sofortige Beschwerde lehnte auch das Landgericht Kassel den Erlass einer einstweiligen Verfügung ab:

 

"Veröffentlichung von Kfz-Kennzeichen im Internet

Leitsatz

1. Die Veröffentlichung eines Kfz-Kennzeichens auf einer Webseite verletzt den betreffenden Fahrzeuginhaber nicht in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Dies wäre nur bei Vorliegen weiterer Umstände der Fall, z.B. wenn die Informationen mit einem Aufruf veröffentlicht würden, den PKW zu beschädigen.

2. Es liegt auch keine Datenschutzverletzung vor, da keine automatisierte Verarbeitung iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG gegeben ist.

Hinweis: Die Entscheidung bestätigt damit den erstinstanzlichen Beschluss des AG Kassel (Beschl. v. 10.05.2007 - Az.: 1 T 75/07).


Tenor

In der Beschwerdesache (…) gegen (…) wird die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 2.4.2007 - 413 C 1751/07 - auf seine Kosten zurückgewiesen.

Sachverhalt

vgl. Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 2.4.2007, mit dem das Amtsgericht seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, dem Antragsgegner zu untersagen, das Kraftfahrzeugkennzeichen des Antragstellers im Internet zu veröffentlichen, zurückgewiesen hat, hat in der Sache keinen Erfolg, weshalb das Rechtsmittel mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen ist.

Im Ergebnis zutreffend hat das Amtsgericht eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zulasten des Antragstellers durch die Benennung des Kraftfahrzeugkennzeichen des Fahrzeugs des Klägers in einem Beitrag im Internet über den Umstand, dass der Antragsteller als Rechtsanwalt Akten in seinem Auto habe liegen lassen, verneint.

Ob eine Verletzung des durch die §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist jeweils anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen. Denn wegen der Eigenheiten des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite ermittelt werden.

Als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts innerhalb der hier allein als betroffen in Betracht zu ziehenden Privatsphäre ist u.a. das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten anerkannt. Dieses Recht auf informationelle Selbstbestimmung, auf das sich der Antragssteiler beruft, stellt sich als die Befugnis des einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. Dieses Recht ist aber nicht schrankenlos gewährleistet.

Der einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten, weil er seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltet, in der auch personenbezogene Informationen einen Teil der sozialen Realität darstellen, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann (vgl. BGH NJW 1991, 1532; NJW 2004 762).

Unter Berücksichtigung des Vorstehenden begründet die Veröffentlichung des Autokennzeichens des Antragstellers in dem konkreten Beitrag des Antragsgegners in dem Internetforum keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Antragstellers, selbst über die Veröffentlichung persönlicher Daten zu entscheiden. Es handelt sich bei einem Kraftfahrzeugkennzeichen um keine sogenannte sensible Information, deren Geheimhaltung vor der Öffentlichkeit zum Schutze des Kraftfahrzeughalters generell geboten ist.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Kraftfahrzeugkennzeichen eines Kraftfahrzeughalters zwar nicht für jedermann aus allgemein zugänglichen Quellen zu entnehmen ist, dass aber bei Kenntnis der Person und deren Anschrift die sichtbaren Daten des von dieser Person benutzten Kraftfahrzeuges unschwer ermittelt werden können.

Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die persönlichen Daten des Antragstellers wie zum Beispiel vollständige Adresse seines Kanzleisitzes, Lebenslauf des Antragstellers und ähnliches ausgeprägt u.a. vom Antragsteller selbst im Internet für jedermann zugänglich veröffentlicht sind. Hinzu kommt, dass das vom Antragsteller gefahrene Kraftfahrzeug, jedenfalls wenn es in der Straße seines Kanzleisitzes abgestellt ist, ihm unschwer zugeordnet werden kann.

Liegen demnach die Merkmale, unter anderen das Kraftfahrzeugkennzeichen, die die Zuordnung eines individuellen Kraftfahrzeuges zum Antragsteller ermöglichen, praktisch offen zu Tage, hat der Antragsgegner durch seinen Beitrag im Internet nicht rechtswidrig in das Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.

Etwas anderes könnte dann gelten, wenn die Veröffentlichung gerade des Kfz-Kennzeichens erkennbar darauf abzielte, dem Antragssteiler hierdurch zu schädigen, oder wenn ein Informationsinteresse der Teilnehmer an dem Internetforum von vornherein gänzlich ausscheiden würden. Dies lässt sich jedoch nicht feststellen. In dem Internetforum wurde die Frage behandelt, ob der Antragsteller als Rechtsanwalt unter anderem Akten im Innenraum seines Kraftfahrzeuges liegen lasse.

In Beantwortung dieser Frage hat der Antragsgegner u.a. mitgeteilt, dass dies zuträfe, dass zumindest Aktenzeichen und Listen mit Mandanten zu ersehen seien, dass ebenfalls zwei "six packs" sowie eine grüne Parkkarte, ausgestellt auf den Verlag (…), zu erkennen seien. Das Auto sei "ein (…), geschätzte 12-15 Jahre alt, Kennzeichen (…)" und stünde "laut Auskunft des Fotoreporters ehrenhalber in der (…)".

Aus diesem Beitrag ergibt sich nichts, was Anlass zu der Vermutung begründen würde, gerade die Mitteilung des Kraftfahrzeugkennzeichens solle dem Antragssteller schaden. Vielmehr ist die Angabe des Kennzeichens Teil der in dem Beitrag vorgenommenen Individualisierung des Autos des Antragstellers, offenbar um die von einem Fotoreporter stammenden Informationen möglichst konkret und authentisch wiederzugeben.

Dass die Angabe des Kraftfahrzeugkennzeichens in dem Internetbeitrag, aus dem wegen der fehlenden konkreten Benennung des Namens des Antragstellers ohnehin lediglich "Insider" auf den Antragsteller schließen können, die Gefahr einer Sachbeschädigung am Kraftfahrzeug des Antragstellers zu erhöhen beabsichtigte oder auch nur geeignet ist, ist nicht zu erkennen. Wer solche Absichten zu verfolgen trachtet, vermag solches angesichts des Bekanntheitsgrades des Antragstellers und der aus seiner Internetseite zu ersehenden persönlichen Daten (Kanzleisitz etc.) ohnedies zu realisieren und wird nicht erst durch eine solche Wiedergabe des Kraftfahrzeugkennzeichen hierzu veranlasst.

Der Antragsteller der Entscheidung des Landgerichts Memmingen 14.3.2007 - 2H O 1611/06 - die keine andere Entscheidung, da wie ausgeführt bei der Frage, ob rechtswidrig in die Privatsphäre eingegriffen wird, über die Umstände des Einzelfalles als maßgeblich der berücksichtigen sind. Die Veröffentlichung von Kontodaten ohne sachlichen Grund mag geeignet seien, das Recht auf innere Selbstbestimmung rechtswidrig zu beeinträchtigen. Für den vorliegenden Sachverhalt lässt sich daraus jedoch nichts herleiten.

Der geltend gemachte Untersagungsgrund ergibt sich auch nicht aus dem Bundesdatenschutzgesetz. Denn die Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes käme gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG nur in Betracht, wenn der Antragsgegner personenbezogene Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeitet, genutzt oder dafür erhoben hätte oder Daten in oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeitet, genutzt oder dafür erhoben hätte. Vorliegend hat der Antragsgegner ersichtlich keine Datenverarbeitungsanlage eingesetzt. Ferner hat er das Kennzeichen nicht aus einer Datei entnommen.

Und schließlich hat der Antragsgegner das Kfz-Kennzeichen nicht in einer Datei verarbeitet oder in einer Datei genutzt. Denn der Wortbeitrag im Internet des Antragsgegners stellt keine nicht automatisierte Datei im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG dar. Unter einer solchen nicht automatisierten Datei versteht man jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, wobei ein gleichartiger Aufbau, die einen leichten Zugriff auf die Daten ermöglicht, erforderlich ist.

Es ist auf die Auswertbarkeit der Sammlung nach bestimmten Merkmalen, das heißt nach den den gesammelten Daten gemeinsamen, den aufgezeigten Sinnzusammenhang herstellenden personenbezogenen Kriterien abzustellen (Gola, Schomerus, BDSG, 8. Auflage, § 3, Rn.17). Dass diese Voraussetzungen hier schon mangels Sammlung personenbezogener Daten nicht vorliegen, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Ausführungen."