Urteile des OLG Braunschweig zu Fotorechten und Bildrechten

Das OLG Braunschweig ist in Niedersachsen zuständig für Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse des Landgerichts Braunschweig. Soweit das Fotorecht betroffen ist, werden am OLG Braunschweig überwiegend Berufungen gegen Urteile des Landgerichts Braunschweig verhandelt. Bei Fotografen und ihren Rechtsanwälten ist der Gerichtsstandort Braunschweig für fotorechtliche Klagen eher unbeliebt. In den Fällen, in denen der fliegende Gerichtsstand eröffnet ist, werden vergleichsweise selten Klagen beim Landgericht Braunschweig im Fotorecht geltend gemacht. In den Fällen jedoch, in denen kein fliegender Gerichtsstand besteht, werden jedoch urheberrechtliche Streitigkeiten erstinstanzlich häufig vom Landgericht Braunschweig behandelt, gegen dessen Urteile und Beschlüsse sodann das Rechtsmittel der Berufung bzw. Beschwerde zum Oberlandesgericht Braunschweig eröffnet ist.

 

Urteile und Beschlüsse OLG Braunschweig Fotorecht: 2. Zivilsenat

Zuständig für die Entscheidung über fotorechtliche Streitigkeiten ist beim OLG Braunschweig der zweite Zivilsenat. Dieser ist u.a. berufen zu Entscheidungen über Streitsachen wegen unlauteren Wettbewerbs, aus dem Gebiet des Urheber- einschließlich des Kunsturheberrechts, des Patent-, Verlags-, Gebrauchsmuster-, Sortenschutz-, Topographieschutz-, Design-, Geschmacksmuster- und Markenrechts sowie Ansprüche eines Patentanwalts oder gegen einen Patentanwalt aus Anlass einer Berufstätigkeit und Ansprüche aus Verträgen, die die Benutzung eines Geheimverfahrens oder die ausschließliche Verwertung nicht geschützter gewerblicher Erzeugnisse betreffen, und zwar auch dann, wenn Ansprüche aus den vorgenannten Zuständigkeitsbereichen erst durch Widerklage, Aufrechnung oder Einrede geltend gemacht werden sowie über Streitsachen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des wirtschaftlichen Rufes aufgrund von Medienveröffentlichungen.

 

 

Der zweite Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig entscheidet somit überwiegend gerichtliche Auseinandersetzungen im Urheberrecht sowie in verwandten Rechtsgebieten und hat daher im Fotorecht eine große Expertise.

 

OLG Braunschweig Fotorecht-Urteil vom 08.02.2012 (Az.:2 U 7/11): Schadensersatz für Produktfoto bei Bilderklau

Ein aus Sicht der Fotografen und der Inhaber von Bildrechten recht unerfreuliches, jedoch vor allem von Bilderklauern und deren Rechtsanwälten oft zitiertes Urteil hat der zweite Zivilsenat des OLG Braunschweig am 08.02.2012 zum Aktenzeichen 2 U 7/11 verkündet. Es ging um die Höhe von Schadensersatz für ein (einfaches) Produktfoto, welches im Wege des Bilderklaus unberechtigt im Rahmen eines privaten Ebay-Angebots verwendet worden war.

 

 

 

Der Kläger des Verfahrens ist Mediengestalter und betreibt einen Versandhandel. Zur Bewerbung seiner Produkte stellt er selbst Produktbilder her und stellt diese ins Internet ein. Im Rahmen einer Internetrecherche hatte der Kläger festgestellt, dass eine ihm unbekannte Person insgesamt 4 Produktfotos von ihm im Rahmen eines Ebay-Angebots verwendete. Er beauftragte daraufhin seinen Rechtsanwalt, der über Ebay an die Daten des Anbieters kam und der sodann gegen den Ebay-Nutzer eine Abmahnung aussprach. Die Abmahnung blieb erfolglos, woraufhin der Fotograf Klage beim Landgericht Braunschweig erhob auf Unterlassung, Schadensersatz und Freistellung von den angefallenen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung. Nach Zustellung der Klageschrift durch das Landgericht Braunschweig hat der beklagte Ebay-Nutzer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und Schadensersatz in Höhe von € 400,00 sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 100,00 anerkannt. Der Kläger hat die Klage insoweit für erledigt erklärt. Der Beklagte blieb im Termin säumig, worauf das Landgericht Braunschweig ein Urteil erließ und die Erledigung des Unterlassungsanspruchs feststellte sowie der Schadensersatzklage in Höhe von 500,00 € und dem Freistellungsantrag in voller Höhe stattgab und im Übrigen die Klage abwies. Nach einem Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil änderte das Landgericht Braunschweig das Urteil ab und erkannte hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten lediglich einen Freistellungsanspruch in Höhe von € 100,00 an. Der Kläger legte gegen dieses Urteil beim OLG Braunschweig Berufung ein und beantragte dort die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von insgesamt € 700,00 Schadensersatz sowie zur Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 603,80.

 

 

 

Anders als vom klagenden Fotografen gewünscht wies das OLG Braunschweig die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig zurück und verurteilte den Fotografen zur Tragung der Berufungskosten. Nach Ansicht des OLG Braunschweig stand dem Fotografen kein über € 500,00 hinausgehender Anspruch auf Schadensersatz zu. Vielmehr stand dem Fotografen lediglich Schadensersatz in Höhe von € 20,00 je Lichtbild, bei 4 Lichtbildern also € 80,00 zu. Dem lag der Sachverhalt zu Grunde, dass der Fotograf nicht darlegen konnte, dass er seine Bilder überhaupt lizenziert, geschweige denn in der von ihm geltend gemachten Größenordnung von € 150,00 je Lichtbild (+ Verletzeraufschlag). Da der Beklagte die Lichtbilder nicht etwa gewerblich, sondern im Rahmen einer privaten Ebay-Annonce unerlaubt veröffentlicht hatte, sah das OLG Braunschweig auch nicht die Richtsätze der MFM als einschlägig an. Wörtlich hat das Gericht insoweit ausgeführt:

 

 

 

„Hieraus folgt, dass die MFM-Empfehlungen vorliegend nicht als Anhaltspunkt dafür herangezogen werden können, welches Honorar bei der Verwertung der vom Kläger gefertigten Fotos durch andere üblicherweise erzielt worden wäre. Sie bilden eben nicht die Honorare für eine einmalige private Fotonutzung bei einem eBay-Verkauf ab. Soweit der erkennende Senat mit dieser Rechtsprechung eine schematische, unreflektierte Anwendung der MFM-Empfehlungen ablehnt, was er entgegen der Ansicht des Klägers auch bisher tat, sieht er sich auch insoweit im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH WRP 2006, 274 ff. – Pressefotos). Dieser bejaht zwar grds. die Heranziehung der MFM-Empfehlungen zur Bemessung der Schadenshöhe nach der Lizenzanalogie, fordert jedoch, das die MFM-Empfehlungen zur Bemessung des Schadensersatzes nicht ohne weitere Begründung zugrunde gelegt werden dürfen, wenn die Frage der Angemessenheit der dort benannten Honorare bezogen auf den konkreten Einzelfall zweifelhaft ist. Solche Zweifel sind aber gegeben, wenn feststeht, dass die MFM-Empfehlungen den zu entscheidenden Fall - so wie hier - gar nicht erfassen und abbilden.“

 

 

 

Bei einem Produktfoto, welches einen Computerbildschirm abbildet, schätzte das OLG Braunschweig den als angemessenen Schadensersatz bei privater Bildnutzung auf € 20,00 je Lichtbild.

 

 

 

Unter Berufung auf die (inzwischen geänderte) Vorschrift des § 97 a Abs. 2 UrhG sah das Gericht auch nur Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 100,00 für erstattungsfähig. Auch in dieser Höhe sah das OLG Braunschweig freilich aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls keine Erstattungspflicht, da der abmahnende Fotograf bereits zahlreiche Abmahnungen über seinen Rechtsanwalt hatte aussprechen lassen und es ihm nunmehr zugemutet werden könne, selbst die Abmahnung auszusprechen. Insoweit ist das Urteil des OLG Braunschweig m.E. definitiv ein Fehlurteil. Da sich die zugrunde liegende Vorschrift des § 97 a UrhG jedoch seither geändert hat und in der neuen Fassung der Vorschrift eindeutig steht, dass eine Abmahnung vor Einleitung gerichtlicher Schritte ausgesprochen werde soll und dass für eine berechtigte Abmahnung der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden kann, wäre die Entscheidung nach heutiger Rechtslage – unabhängig davon, dass sie bereits damals m.E. falsch war – nicht mehr vertretbar.

 

 

 

Was die Höhe des Schadensersatzes betrifft, gilt dies jedoch nicht. Hier hat sich das OLG Braunschweig klar positioniert und festgehalten, dass es einen Markt für die Lizenzierung von Produktfotos an private Internetnutzer nicht gibt und dass hier ein Schadensersatz von maximal € 20,00 gilt. Insoweit hat diese fotorechtliche Entscheidung des OLG Braunschweig große Wellen geschlagen und wird immer wieder zitiert, wenn ein Gegner nicht bereit ist, den geforderten Schadensersatz zu zahlen. Kann hingegen ein Fotograf darlegen und beweisen, dass er seine Bilder entsprechend lizenziert, dann steht ihm auch ein entsprechender Schadensersatzanspruch bei der unerlaubten Verwendung seiner Lichtbilder zu.