Ständig werden heutzutage Bilder und Fotos unerlaubt vor allem im Internet verwendet. Das Unrechtsbewusstsein ist vielfach nicht vorhanden oder kaum ausgeprägt. Als Rechtsanwalt hören wir hier die verschiedensten Ausreden. Am häufigsten ist nach unserer Einschätzung die Einlassung nach Erhalt einer urheberrechtlichen Abmahnung, man habe ja überhaupt nicht gewusst, dass das Bild urheberrechtlich geschützt ist. Es sei ja nirgendwo ein Urhebervermerk (©-Copyright-Hinweis o.ä.) angebracht, daher sei die Benutzung ja erlaubt. Nein, das ist nicht so! Ein Lichtbild hat automatisch urheberrechtlichen Schutz und muss nicht gesondert gekennzeichnet werden, um Dritten eine Nutzung zu untersagen.
Auch sehr häufig ist die Einlassung nach einer Abmahnung, man habe ja selbst nicht das Bild eingestellt, sondern ein Dritter, beispielsweise der gewerbliche Ersteller der Internetseite, der im Auftrag des Seitenbetreibers die Seite erst erstellt hat. Oder aber man habe vom früheren Betreiber die Internetseite übernommen und keine Kenntnis davon gehabt, dass dort unerlaubt Bilder verwendet werden. In diesen Fällen ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung hier sehr streng ist und statuiert Prüfpflichten, die vor der Nutzung eines Lichtbildes zu beachten sind. So hat beispielsweise das Landgericht München I entschieden, dass auch derjenige, welcher eine Internetseite übernimmt, überprüfen muss, ob für alle auf der Internetseite genutzten Bilder ausreichende Nutzungsrechte bestehen (Landgericht München I, Urteil vom 18.09.2008, Aktenzeichen 7 O 8506/07).
In den Fällen, in denen ein Lichtbild unerlaubt verwendet wird, besteht zunächst einmal zugunsten des Inhabers von Bildrechten ein Unterlassungsanspruch gegenüber demjenigen, der das Bild verwendet. Dieser kann mittels Abmahnung, einstweiliger Verfügung oder Klage durchgesetzt werden. Da durch die unberechtigte Nutzung des Bildes jedoch auch in die Verwertungsmöglichkeit des Fotografen bzw. des sonstigen Inhabers von Bildrechten eingegriffen wurde, stellt sich die Frage nach einer Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz.
Ein Schadensersatz erfordert zunächst – anders als der Unterlassungsanspruch – ein Verschulden. Das Verschulden kann in einer Fahrlässigkeit oder in einem Vorsatz bestehen. Die Nutzung eines fremden Bildes ohne vorherige Einholung einer Einwilligung erfolgt jedoch regelmäßig mindestens fahrlässig, weshalb das Verschulden regelmäßig gegeben ist.
Der Fotograf bzw. sonstige Inhaber von Bildrechten kann bei einer schuldhaften unerlaubten Bildnutzung also Schadensersatz verlangen. Doch wie hoch ist der Schadensersatz bei unerlaubter Bildnutzung und wie berechnet sich dieser?
Grundsätzlich kann ein Inhaber von Bildrechten seinen Schadensersatz bei unerlaubter Bildnutzung auf drei verschiedene Arten berechnen:
- Ersatz des tatsächlich eingetretenen Schadens einschließlich entgangenem Gewinn
- Herausgabe des Verletzergewinns
- Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie
Der Geschädigte hat also ein Wahlrecht bei der Ermittlung seines Schadensersatzes. In der Praxis bestehen oftmals erhebliche Schwierigkeiten bei den ersten beiden Berechnungsmethoden, also bei dem Nachweis des tatsächlich eingetretenen Schadens und der Berechnung des Verletzergewinns. Diese Schwierigkeiten treten nicht auf bei der dritten Berechnungsmethode, also der Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie.
Bei der Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie wird danach gefragt, was vernünftige Vertragspartner bei Abschluss eines Lizenzvertrages als Vergütung für die Benutzungshandlung des Verletzers vereinbart hätten, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten. Ob der Verletzer auch tatsächlich bereit gewesen wäre, die Vergütung zu bezahlen, spielt keine Rolle. Entscheidend ist ausschließlich, was der objektive Preis gewesen wäre.
Doch wie genau wird der objektive Nutzungswert nach diesen Grundsätzen ermittelt?
Ein Anhaltspunkt für die angemessene Lizenzgebühr ist die eigene Vergütungspraxis des geschädigten Inhabers von Bildrechten. Hat er eine Preisliste oder sonstige Tarife, anhand derer die die Lizenzbeträge ermittelt werden können, dann kann er seine sonst üblichen Tarife als fiktive Lizenzgebühr fordern. Bestreitet der Verletzer, dass diese Preise tatsächlich auch erzielt werden, muss dies im Zweifel näher dargelegt und bewiesen werden.
Eine andere Möglichkeit, die fiktive Lizenzgebühr als Schadensersatz bei unerlaubter Bildnutzung zu ermitteln, ist der Rückgriff auf branchenübliche Vergütungssätze und Tarife. Eine wichtige Rolle spielen die Tarife der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst, einzusehen unter http://www.bildkunst.de) sowie die Vergütungssätze der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (sog. MFM-Richtlinien).
In der Praxis sehr häufig werden die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) bei der Ermittlung der angemessenen fiktiven Lizenzgebühr angewandt. Die MFM als Arbeitskreis des Bundesverbandes der Pressebild-Agenturen und Bildarchive e.V bietet eine Orientierungshilfe marktübliche Vergütungen und Konditionen für Bildnutzungsrechte zu ermitteln. Dabei gibt die MFM jedes Jahr aktualisierte MFM-Richtlinien heraus, in denen für jede mögliche Nutzungsart die angemessene Vergütung ermittelt werden kann.
Dass die MFM auf Befragungen von Bildagenturen, Fotografen und Bildjournalisten, also auf Erfahrungswerten professioneller Marktteilnehmer, beruht, ist einerseits ein Vorteil. Denn wer sonst wenn nicht diese professionellen Marktteilnehmer wäre in der Lage, den Wert der Bildnutzung angemessen zu bestimmen? Zugleich liegt hierin jedoch auch ein gewisser Nachteil, da alle diese Marktteilnehmer ein gewisses Interesse daran haben, dass die Lizenzgebühren möglichst hoch sind. Dies ist ein Einwand, den Verletzer häufig gegenüber einer Anwendung der MFM-Tabelle ins Feld führen.
Der BGH in seinem Urteil vom 29.04.2010 (Aktenzeichen I ZR 68/08) ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei den MFM-Empfehlungen tatsächlich um marktübliche Vergütungen für Bildnutzungsrechte oder um einseitige Festlegungen der Anbieterseite handelt. Die meisten Gerichte wenden die MFM-Richtlinien bei gewerblicher Nutzung grundsätzlich an, wobei im Einzelfall gewissen Zuschläge oder auch Aufschläge vorzunehmen sind. Auch dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wird beispielsweise ein Lichtbild zur Bewerbung eines Produkts zum einmaligen Verkauf verwendet, weisen einige Gerichte darauf hin, dass vernünftige Lizenzparteien eben keinen Vertrag abschließen würden über die Nutzung des Lichtbildes, wenn die zu zahlende Lizenzgebühr teurer wäre als das Produkt selbst. Hier entscheidet jedoch wie so häufig der Einzelfall.
Die MFM-Richtlinien sind jedoch nicht die einzigen Vergütungssätze, die bei Fotografien eine Rolle spielen. Zusätzlich gibt es ebenso die Tarife der VG Bild-Kunst zu beachten. Die Tarife der VG Bild-Kunst, die ebenso wie die MFM-Richtlinien regelmäßig aktualisiert und angepasst werden, sind zum Teil deutlich höher als die Tarife nach MFM. Die Anwendungsvoraussetzungen der Tarife Bild-Kunst sind jedoch auch andere als diejenigen der MFM-Richtlinien. Gerne können wir Sie hierzu näher beraten.
In der letzten Zeit gibt es in Bezug auf die Berechnung des Schadensersatzes bei unerlaubter Bildnutzung immer wieder offene Fragen: Ist ein Aufschlag bei fehlender Urheberkennzeichnung / fehlendem Bildquellennachweis vorzunehmen bzw. unter welchen Voraussetzungen ist ein solcher Aufschlag vorzunehmen? Welcher Betrag ist als fiktive Lizenzgebühr bei Creative Commons-Lizenzen angemessen? Welcher Betrag ist angemessen, wenn die Bilder bei Pixelio erworben wurden, jedoch keine korrekte Urhebernennung erfolgt? Diese Fragen werden wir auf dieser Internetseite in der nächsten Zeit nachgehen und jeweils einen eigenen Beitrag hierzu verfassen. Auf dieser Unterseite wollen wir uns auf grundlegende Ausführungen zum Schadensersatz bei unerlaubter Bildnutzung beschränken und hoffen, Ihnen eine erste Orientierungshilfe geboten zu haben. Zögern Sie nicht, bei Fragen Kontakt zu unserer Kanzlei aufzunehmen.
Viele Betroffene verwechseln immer wieder den Schadensersatz aus dem Urheberrecht mit der Geldentschädigung im Persönlichkeitsrecht. Während das Recht am eigenen Bild als besondere Ausdrucksform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung nur bei besonders gravierenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorsieht, erfordert die unbefugte schuldhafte Verwendung eines fremden Lichtbildes (Urheberrecht) keine besondere Schwere der Verletzung. Umgekehrt sind hier auch die Beträge meistens deutlich geringer als bei einer besonders schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung. Dort fangen die Beträge für eine Geldentschädigung regelmäßig erst ab etwa € 2.500,00 an. Wenn jedoch die besondere Schwere der Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Ausgestaltung des Rechts am eigenen Bild einmal festgestellt ist, wird dieser Betrag kaum einmal unterschritten, die Beträge können dann auch einmal in den hohen fünfstelligen Bereich gehen. Auch hier kommt es jedoch auf den Einzelfall an, wobei eine besondere Bedeutung der Schwere der Verletzung zukommt. Ähnlich wie bei der Bemessung der Lizenzschäden im Urheberrecht gibt es auch bei der Höhe der Geldentschädigung erhebliche Unterschiede in der Prasix der einzelnen Gerichte.
Nicht zu verwechseln mit dem Schadensersatz ist übrigens eine Vertragsstrafe. Eine Vertragsstrafe ist erst dann zu bezahlen, wenn ein Verletzer einem Rechteinhaber gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat und anschließend dagegen verstößt, weil er etwas das genannte Lichtbild weiter bzw. nach wieder verwendet. Bei der Bemessung der Vertragsstrafe ist dann die Lizenzanalogie nicht mehr von Bedeutung. Vielmehr wird die Höhe der Vertragsstrafe vom Verleter bestimmt und im Zweifel vom zuständigen Gericht überprüft (Hamburger Brauch) oder die Höhe der Vertragsstrafe steht bereits in der Unterlassungserklärung angegeben. Sowohl für den Unterlassungsschuldner als auch für den Unterlassungsgläubiger kann es im Übringen vorteilhaft oder nachteilhaft sein, wenn in der Unterlassungserklärung eine feste Vertragsstrafe steht. Der Unterlassungsgläubiger riskiert, dass die angegebene Vertragsstrafe zu niedrig ist und ihm im Verletzungsfall eigentlich eine höhere Vertragsstrafe zustünde. Akzeptiert er die angegebene Vertragsstrafe jedoch nicht und klagt auf Unterlassung, besteht das Risiko, dass ein Gericht die Vertragsstrafe als ausreichend ansieht und die Klage auf Kosten des Klägers abweist. Umgekehrt ist es natürlich auch für den Unterlassungsschuldner ein Risiko, eine feste Vertragsstrafe in eine Unterlassungserklärung zu schreiben, insbesondere dann wenn der Unterlassungsgläubiger in seinem Muster einer Unterlassungserklärung eine abweichende Vertragsstrafe angegeben hatte. Ist die Vertragsstrafe zu niedrig, riskiert er, dass der Unterlassungsgläubiger diese nicht akzeptiert und gerichtliche Schritte einleitet.
Um den angemessenen Schadensersatz beziffern zu können, steht dem Rechteinhaber ein Auskunftsanspruch zu. Er kann somit zunächst Auskunft fordern, bevor er die Höhe der Forderungen beziffert und auch bevor er sich entscheidet, welche der drei oben aufgeführten Methoden zur Schadensberechnung er wählt. Die Erteilung der Auskunft kann nötigenfalls auch gerichtlich erzwungen werden und schmerzt den Verletzer vielfach. Denn die Auskunft kann interne Betriebsabläufe und auch die interne Kalkulation von Unternehmen betreffen, die nicht für Außenstehende gedacht sind. Es kommt daher immer wieder vor, dass an Stelle einer Auskunft gleich eine Vergleichszahlung vom Verletzer angeboten wird, damit er keine Auskunft erteilen muss. Dabei haben Verletzer durchaus ein Interesse daran, sich von der Auskunftserteilung "freizukaufen" und bieten daher, zumindest ist dies unsere nicht allzu seltene Beobachtung, durchaus auch einmal etwas höhere Beträge an.
Rechtsanwalt Andreas Forsthoff
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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