Die Fototapete: Urheberrechtsverletzung bei Öffentlicher Zugänglichmachung?

Seit einiger Zeit wird in Deutschland im Bereich Urheber- und Fotorecht umfangreich über die Frage diskutiert, ob die öffentliche Zugänglichmachung eines Lichtbildes mit einer abfotografierten Fototapete eine Urheberrechtsverletzung darstellt oder nicht. Die Fälle, die auch in der Rechtsprechung von unterschiedlichen Gerichten bewertet werden, sind alle weitgehend ähnlich: Jemand kauft eine Fototapete für die Verschönerung eines Zimmers, beispielsweise in einem Hotel, einer Ferienwohnung, einem gastronomischen Betrieb, einem Friseur- oder Massagesalon oder auch für zuhause. Die Fototapete wird an der Wand angebracht und irgendwann wird ein Foto der Fototapete erstellt und dieses Foto ins Internet gestellt. Beispielsweise weil der Betreiber des Hotels oder des Friseursalons mit der Inneneinrichtung seines Betriebes werben will. Oder weil ein Malerbetrieb, der die Fototapete angebracht hat, seine Dienstleistungen bewerben will. Zu sehen ist jedenfalls - neben der Einrichtung des Zimmers - auch die Fototapete. Auf den ersten Blick ein klarer Fall einer Urheberrechtsverletzung, denn das Bild mit der Fototapete wurde ja öffentlich zugänglich gemacht. Die Gerichte haben den Fall allerdings in den letzten Jahren unterschiedlich bewertet.

Die Fototapete in der Rechtsprechung: Übersicht über die verschiedenen Urteile

Wir wollen Ihnen auf dieser Seite einen Überblick über die unterschiedlichen Urteile diverser Gerichte in chronologischer Reihenfolge geben.

LG Berlin, Beschluss vom 04.08.2020 (Az.: 15 O 301/20)

Die wohl erste gerichtliche Entscheidung war ein Beschluss des Landgerichts Berlin. Auf Antrag des Fotografen hatte das Landgericht Berlin am 04.08.2020 (Aktenzeichen 15 O 301/20) eine einstweilige Verfügung erlassen und es dem Betreiber eines Hotels untersagt, ein bestimmtes Lichtbild, welches als Fototapete auf mehreren Bildern des Hotels auf der Internetseiten zu sehen war, ohne Zustimmung des Fotografen zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen. Das abgemahnte Hotel hatte nach Erhalt der Abmahnung eine Schutzschrift eingereicht und umfassend dargelegt, weshalb aus seiner Sicht keine Urheberrechtsverletzung vorliegen sollte. Vor allem ging es dabei um die Frage, ob ein unwesentliches Beiwerk nach § 57 UrhG vorliegt oder nicht. Das Landgericht Berlin hat sich ausführlich mit dieser Argumentation auseinandergesetzt und ausführlich begründet, dass und weshalb aus seiner Sicht gerade kein unwesentliches Beiwerk vorlag. Unter Verweis auf die Möbelhaus-Katalog-Entscheidung des BGH soll nach Ansicht des Landgerichts Berlin kein unwesentliches Beiwerk vorliegen, wenn - wie hier - das Beiwerk vom Betrachter als zum Gesamtkonzept gehörig wahrnimmt. Auf die Frage der Austauschbarkeit der Fototapete kam es daher nicht an. Ausgehend von der im Urheberrecht anzuwenden Zweckerreichungslehre sei beim Erwerb einer Fototapete die Einräumung von Nutzungsrechten nicht erforderlich. Eine Erschöpfung trete nur an der jeweiligen Fototapte als Vervielfältigungsstück ein.

LG Köln, Urteil vom 18.08.2021, Az.: 14 O 350/21

Eine viel beachtete Entscheidung ist das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.08.2021 (Az.: 14 O 350/21). Daneben gab es noch ein weiteres Urteil des Landgerichts Köln, ebenfalls vom 18.08.2021 (Az.: 14 O 125/21). In beiden Fällen hat sich das Landgericht Köln als erstes Landgericht in einem Hauptsacheverfahren mit der urheberrechtlichen Thematik der Fototapete auseinandergesetzt und kam zu dem Ergebnis, dass die öffentliche Zugänglichmachung eines Fotos, welches auf einer Fototapete an einer Wand angebracht ist und abfotografiert wird, eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Das Landgericht Köln verurteilte daher in dem einen Fall den Betreiber des Hotels, in dem anderen Fall die Vermieterin der Ferienwohnung, zur Unterlassung, Auskunftserteilung über den Umfang der Bildnutzung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten und die Kosten der Verfahren wurden den jeweiligen Beklagten auferlegt. Das Einstellen der Lichtbilder ins Internet stellt sowohl eine Vervielfältigung als auch eine öffentliche Zugänglichmachung des urheberrechtlich geschützten Fotos dar. Und diese Nutzungshandlungen erfolgten auch rechtswidrig. Denn mit dem Erwerb einer Fototapete wird lediglich das Sacheigentum hieren erworben, jedoch keinerlei urheberrechtliche Nutzungsrechte. Eine ausdrückliche Einräumung von Nutzungsrechten schied ersichtlich aus. Aber auch eine konkludente Einräumung von Nutzungsrechten  lag nicht vor, denn hierfür fehlten jegliche Anhaltspunkte. Zwar kann eine Einräumung auch stillschweigend erfolgen. Dies muss jedoch dem Zweckübertragungsgedanken folgen. Und hier ist Zurückhaltung geboten, da andernfalls ein nicht vorhandener Wille des Rechteinhabers fingiert wird. Der Urheber räumt daher im Zweifel nur Nutzungsrechte in dem Umfang ein, wie dies dem von beiden Parteien festgelegten Vertragszweck entspricht. Der Vertragszweck erfordert beim Verkauf einer Fototapete aber gerade keine Übertragung von Nutzungsrechten, weshalb ein entsprechender dahingehender Parteiwille auch nicht unterstellt werden konnte.

Auch die Schranke des unwesentlichen Beiwerks gemäß § 57 UrhG greift bei den entschiedenen Fototapeten-Fällen nicht ein. Denn ein Beiwerk ist nicht bereits dann unwesentlich, wenn es in lediglich in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Erforderlich ist vielmehr, dass das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffallen würde oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstandswerks in irgendeiner Weise beeinflusst würde. Die Latte für die Voraussetzungen des unwesentlichen Beiwerks sind damit recht hoch. Insoweit bezieht sich das Landgericht Köln auf die grundlegende Möbelkatalog-Entscheidung des BGH (Urteil vom 11.11.2014, Az.: I ZR 177/13). Auch ein tatsächlich bei Betrachtung des Hauptgegenstandswerks vom Betrachter wahrgenommenes Werk kann jedoch als unwesentliches Beiwerk einzustufen sein, wenn ihm nach den Umständen des Einzelfalls keine noch so geringfügige inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand der Verwertung zuzubilligen ist, sondern es durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für diesen ohne jede Bedeutung ist. Hierzu reicht eine bloß untergeordnete Beziehung nicht aus. Bei der gebotenen engen Auslegung der Schranke des §  57 UrhG ist unwesentlich vielmehr nur ein Werk, das neben dem Gegenstand der eigentlichen Verwertung selbst eine geringe oder nebensächliche Bedeutung nicht erreicht. Wenn ein Werk aber - wie hier die Fototapete - stil- oder stimmungsbildend in den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen wird, scheidet eine derart untergeordnete Bedeutung der Fototapete aus.

Das Landgericht Köln ging auch auf den vom Beklagten eingewandten Rechtsmissbrauch ein, konnte einen solchen Rechtsmissbrauch aber nicht feststellen. Der Beklagte hatte seinen Einwand damit begründet, dass die klagende Verwertungsellschaft, auf welche der Fotograf die Nutzungsrechte übertragen hatte, mehrere weitere Hotelbetreiber abgemahnt bzw. verklagt habe. Das sah das Landgericht Köln aber zu Recht nicht als Rechtsmissbrauch an, denn eigenständige Rechtsverletzungen können selbstverständlich auch in unterschiedlichen Verfahren geltend gemacht werden, ohne dass ein Rechtsmissbrauch vorliegt. Das Gericht verurteilte die Betreiber des Hotels bzw. der Ferienwohnung zur Unterlassung, Auskunftserteilung über den Umfang der Bildnutzung, Schadensersatz dem Grunde nach sowie zur Erstattung der Abmahnkosten.

AG Koblenz, Urteil vom 08.02.2022, Az.: 135 C 117/21

Einen weiteren urheberrechtlichen Fall nach einerAbmahnung wegen der Nutzung einer Fototapete hatte das Amtsgericht Koblenz zu entscheiden und hat letztlich der klagenden Verwertungsgesellschaft des Fotografen im Wesentlichen Recht gegeben und die beklagte Logistikunternehmerin zur Zahlung von Schadensersatz sowie Erstattung der Abmahnkosten und Tragung der Verfahrenskosten verurteilt. Die Logistikunternehmerin hatte das auf einer Fototapete abgebildete Lichtbild auf ihrer Facebookseite im Rahmen der Werbung für ihr Unternehmen öffentlich zugänglich gemacht. Und dieses öffentliche Zugänglichmachen war nach Auffassung des Amtsgerichts Koblenz rechtswidrig erfolgt, denn es ist unbeachtlich, dass nur ein Teil des Bildes der Klägerin durch die Beklagte im Internet genutzt wurde. Der Gesamteindruck der abgebildeten Steinwand blieb erhalten. Daran änderte auch nichts, dass das von der Beklagten erstellte Bild verzerrt und überlichtet war und dass auf dem Bild auch andere Gegenstände zu erkennen waren.

Das Amtsgericht Koblenz sprach der Klägerin Schadensersatz auf der Basis der MFM-Richtlinien des Jahres 2016 zu, da in diesem Jahr die unberechtigte Nutzung des Bildes durch die Logistikunternehmerin begonnen hatte. Neben dem in den MFM-Richtlinien vorgesehenen Grundhonoar sprach das Gericht der Klägerin auch einen Aufschlag in Höhe von 100 % für die fehlende Urheberbenennung zu und sprach aus, dass dieser Betrag ebenso wie die vom Gericht der Klägerin zugesprochenen Kosten für die Abmahnung ab dem Beginn der Nutzungshandlung mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.

AG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2023, Az.: 10 C 51/22

Ebenso wie die Landgerichte Berlin und Köln sah es das Amtsgericht Düsseldorf im Urteil vom 09.02.2023. Das Amtsgericht Düsseldorf hielt zunächst fest, dass der dortige Beklagte - ein Immobilienmakler - das auf der Fototapete befindliche Bild vervielfältigt und im Internet öffentlich zugänglich gemacht hatte und dass er keinen Lizenzvertrag hierüber abgeschlossen hatte. Eine etwaige Erschöpfung sei nur auf die gekaufte Fototapete beschränkt, ein Recht zur gewerblichen Nutzung im Internet sei damit nicht verbunden.

Anschließend prüfte das Amtsgericht noch umfassend die Voraussetzungen eines unwesentlichen Beiwerks gemäß § 57 UrhG und verneinte dessen Voraussetzungen. Dabei hob das Gericht die keinesfalls unbedeutende Bedeutung der Fototapete für das vom Beklagten für seinen Werbeauftritt Lichtbild hervor. Aufgrund der im Urheberrecht geltenden hohen Sorgfaltsmaßstäbe hat das Gericht auch das Verschulden des Immobilienmaklers festgestellt. Denn der Immobilienmakler hatte keinerlei Prüfung hinsichtlich der Herkunft der Fototapete oder möglicher Urheberrechte an dem Bild angestellt, bevor er das Lichtbild werblich nutzte. Aufgrund der schuldhaften Verletzung des Urheberrechts sprach das Amtsgericht Düsseldorf der klagenden Verwertungsgesellschaft Schadensersatz zu, wobei es die Höhe des Schadensersatzes anhand der Lizenzanalogie festsetzte. Insoweit griff das Amtsgericht Düsseldorf auf die Richtsätze der MFM-Tabelle zurück. Das Gericht sprach auch eine weitere Entschädigung aufgrund der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft zu und verurteilte den Immobilienmakler ferner zur Erstattung der Abmahnkosten sowie zur Kostentragung der Verfahrenskosten.

AG Hannover, Urteil vom 30.03.2023, Az.: 474 C 9006/22

Das Amtsgericht Hannover verurteilte mit Urteil vom 30.03.2023 denBetreiber eines Lokals zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten nach einer öffentlichen Zugänglichmachung eines Bildes, auf dem eine Fototapete der Klägerin zu sehen war. Das Amtsgericht Hannover stellte dabei fest, dass der Gastronom (mindestens) sieben Bilder mit der Fototapete in seinen Internetauftritten verwendete und dass das Lokal großflächig mit der Fototapete tapetziert war und das Bild bei Abgleich mit dem Original eindeutig und zweifelsfrei als das Bild der Klägerin erkannt werden konnte. Mangels Einwilligung des Fotografen oder der Klägerin erfolgte die Nutzung des Bildes auch widerrechtlich.

Das Amtsgericht Hannover stellte dabei fest, dass ein konkludenter Erwerb eines Nutzungsrechts mit dem Erwerb der Fototapete nicht verbunden war. Der beklagte Gastronom hatte auch nicht vorgetragen, ausdrücklich ein Nutzungsrecht eingeräumt bekommen zu haben. Bei der Prüfung der Frage, ob konkludent ein Nutzungsrecht eingeräumt wurde oder nicht, stellte das Gericht auf den Vertragszweck ab. Insoweit war entsprechend der Zweckübertragungslehre von dem Grundsatz auszugehen, dass der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Rechte überträgt, als es der Zweck der Verfügung erfordert, sodass der Erwerber von Nutzungsrechten gehalten ist sicherzustellen, dass jedes gewünschte Nutzungsrecht ausdrücklich bezeichnet wird.

Die Herstellung einer Fototapete hat die Einräumung eines einfachen Nutzungsrechtes zur Voraussetzung, mit dem dem Hersteller gestattet wird, das Foto durch Abdruck auf der Tapete mechanisch zu vervielfältigen. Eine solche Nutzungsrechtseinräumung war dem Unternehmen, welches die Fototapeten vertrieb, eingeräumt worden. Eine weitergehende Einräumung von Nutzungsrechten durch den Lichtbildner ist für den Zweck der Herstellung von Fototapeten hingegen nicht erforderlich. Dessen ungeachtet hätte die Übertragung des Nutzungsrechts von dem Hersteller der Fototapete auf deren Erwerber gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG die Zustimmung des Urhebers zur Voraussetzung, die jedoch nicht vorlag. Damit ist bei Würdigung der Gesamtumstände anzunehmen, dass dem Erwerber der Fototapete lediglich das Sacheigentum an dieser übertragen wurde.

Auch ein unwesentliches Beiwerk nach § 57 UrhG schied nach Ansicht des Amtsgerichts Hannover aus. Ausgehend von den vom BGH festgelegten Kriterien führte das Amtsgericht Hannover aus, dass ein Werk nur dann als unwesentliches Beiwerk zu qualifizieren ist, wenn es weggelassen oder ausgetauscht werden kann, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele oder die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands in irgendeiner Weise beeinflusst würde, oder wenn dem Werk nach den Umständen des Einzelfalls durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit keine noch so geringfügige inhaltliche Beziehungen zu dem Hauptgegenstand der Verwertung zuzubilligen ist, sondern für diesen ohne jede Bedeutung ist. Da im hier entschiedenen Fall die Wandgestaltung des Gastraums neben dem Gegenstand der Hauptsache (den abgebildeten Speisen, der Inneneinrichtung etc.) sogar eine nicht gerade unerhebliche Rolle spielte, schloss das Amtsgericht Hannover ein unwesentliches Beiwerk aus und sprach der Klägerin einen Schadensersatz in Höhe der MFM-Richtlinien zu und verurteilte den beklagten Gastronomen außerdem zur Erstattung der Abmahnkosten.

LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2023 (Az.: 12 O 129/22)

Das Landgericht Düsseldorf hat - anders als die Gerichte in den oben besprochenen Entscheidungen - in solchen Fällen hingegen keinen Fall einer Urheberrechtsverletzung gesehen. Dies hat das Gericht mit verschiedenen Argumenten begründet. Im öffentlichen Zugänglichmachen eines auf einer Fototapete abgebildeten Lichtbildes liege kein Eingriff in urheberrechtliche Nutzungsrechte, da mit dem Erwerb des Sacheigentums ein einfaches Nutzungsrecht an den Motiven hierauf erworben werde. Die Beweislast für den Erwerb eines solchen Nutzungsrechts liege zwar beim Verwerter und eine ausdrückliche Einräumung von Nutzungsrechten lag unzweifelhaft nicht vor. Allerdings sei hier von einem konkludenten Nutzungsrechteerwerb auszugehen, denn bei Zugrundelegung des Zweckübertragungsgedankens sei zu fragen, ob und gegebenenfalls welche Rechte zusammen mit dem Sacheigentum an einer Fototapete erworben werden. und hier sei zugrundezulegen, dass eben solche Rechte mit übertragen werden müssten, die zu einer vertragsgemäßen Nutzung der Fototapete erforderlich seien. Und da eine Fototapete aufgrund ihrer festen Verbindung nicht einfach mal kurz herausgenommen werden könne, sei auch eine Veröffentlichung von Fototapeten-Bildern zulässig. Insoweit grenzte sich das Landgericht Düsseldorf ausdrücklich von der gegenläufigen Rechtsprechung des Landgerichts Köln ab. Auch eine gesonderte Vergütung für die Veröffentlichung von Bildern auf Fototapeten sei nicht branchenüblich.

Jedenfalls sei die öffentliche Zugänglichmachung der Fototapete nicht rechtswidrig. Denn auch wenn die eigene Auffassung, wonach eine konkludente Übertragung von Nutzungsrechten erfolge, unzutreffend sei, sei dem Verhalten des Urhebers jedenfalls die objektive Erklärung zu entnehmen, dass er mit der Nutzung der auf der Tapete bearbeiteten Lichtbilder in Form von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestatteten Räume und deren Veröffentlichung im Internet einverstanden sei. Außerdem sei die Geltendmachung von Ansprüchen rechtsmissbräuchlich. Denn wenn der Urheber dem Tapetenhersteller keine entpsrechenden Rchte eingeräumt hätte, hätte er sich vertragswidrig verhalten und würde dieses eigene vertragswidrige Verhalten nunmehr gegenüber dem Erwerber der Fototapete ausnutzen. Dies begründete das Landgericht Düsseldorf auch mit der Besonderheit der zu entscheidenden Konstellation. Der Fotograf hatte seinerzeit die Vermarktung der Fototapete als Geschäftsführer einer von ihm gegründeten Verwertungsgesellschaft übernommen. Nunmehr ist er der Geschäftsführer derjenigen (anderen) Verwertungsgesellschaft, welche die Ansprüche klageweise geltend gemacht hat. Dann hätte er es aber in der Hand gehabt, bei dem Vertrieb der Fototapete einen Hinweis dahingehend anzubringen, dass Bilder von der Fototapete nicht öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen. Da kein solcher Hinweis angebracht war, sei es nach Ansicht des Landgerichts Düsseldorf daher rechtsmissbräuchlich, gegen eine solche Nutzung vorzugehen.

Aus denselben Erwägungen heraus bestehe auch kein Anspruch aufgrund fehlender Urheberkennzeichnung. Denn der Fotograf habe durch schlüssiges Verhalten auf sein Namensnennungsrecht verzichtet.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2024, Az.: I-20 U 56/23

Gegen mehrere ähnliche Urteile des Landgerichts Düsseldorf hat die Klägerin Berufung zum OLG Düsseldorf eingelegt. Das Oberlandesgericht bewertet Fototapeten-Fälle allerdings im Ergebnis ähnlich wie das Landgericht Düsseldorf, so dass die Berufungen ohne Erfolg blieben. Exemplarisch wird hier auf ein Urteil vom 08.02.2024 verwiesen.

Die Berufung war nach Auffassung der Richter am OLG Düsseldorf zwar zulässig, aber unbegründet. Die Bilder des Fotografen seien zwar vervielfältigt und veröffentlicht worden, allerdings seien hierdurch keine Rechte verletzt worden. Auf die in Fototapeten-Fällen naheliegende Frage, ob ein unwesentliches Beiwerk vorliegt oder nicht, ging das Gericht nicht ein, da es wie schon zuvor das Landgericht eine zumindest konkludente Einwilligung in die Einräumung von Nutzungsrechten feststellte. Es sei auch branchenüblich, dass für die öffentliche Zugänglichmachung von Lichtbildern mit abgebildeten Fototapeten keine gesonderte Vergütung zu zahlen ist. Außerdem stehe den klägerseits geltend gemachten Ansprüchen auch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen, nachdem die Fototapeten mit Einwilligung des Fotografen verkauft wurden und dabei kein Hinweis zu finden war, dass ein öffentliches Zugänglichmachen nicht erlaubt ist. Auch Ansprüche aus der fehlenden Urheberkennzeichnung scheiden nach Auffassung des OLG Düsseldorf aus, da der Fotograf zumindest stillschweigend auf ssein Namensnennungsrecht verzichtet habe. Da das OLG Düsseldorf aber feststellte, dass seine Rechtsprechung von der des Landgerichts Köln abweicht, hat es die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

LG Köln, Urteile vom 11.04.2024 (Az.: 14 O 75/23 und 14 O 70/23) und vom 18.04.2024 (Az.: 14 O 60/23)

Im Februar 2024 fanden in mehreren Verfahren vor dem Landgericht Köln die mündlichen Verhandlungen statt. In den Verfahren 14 O 75/23, 14 O 70/23 und 14 O 60/23 wurden im April 2024 durch das Landgericht Köln die Urteile verkündet. In allen Verfahren hat das Landgericht Köln den jeweiligen Beklagten zur Unterlassung, Auskunftserteilung über den Umfang der Bildnutzung, Schadensersatz sowie Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Bereits in den mündlichen Verhandlungen hatten die Richter aus Köln klargemacht, dass sie - in Kenntnis gegenläufiger Urteile aus Düsseldorf - an ihrer bereits zuvor im Jahr 2021 bekannt gewordenen Rechtsauffassung festhalten und in der öffentlichen Wiedergabe eines auf einer Fototapete wiedergegebenen Lichtbildes eine Urheberrechtsverletzung sehen und mit dem Erwerb einer Fototapete keinerlei Nutzutzungsrechte eingeräumt werden, auch nicht konkludent.

Bundesgerichtshof (BGH), Verfahren I ZR 139/24, I ZR 140/24 und I ZR 141/24, Verhandlungstermine 27.06.2024

In drei Verfahren, die in der zweiten Instanz beim Landgericht Düsseldorf anhängig waren, und in denen das Landgericht Düsseldorf die Klagen in der Berufung abgewiesen hatte, hat das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ausdrücklich zugelassen, da das Gericht beispielsweise von der Rechtsprechung des Landgerichts Köln abweicht. Gegen die Urteile wurde Revision eingelegt, die Aktenzeichen beim BGH lauten I ZR 139/24, I ZR 140/24 und I ZR 141/24. Verhandlungstermin wurde vom BGH für alle 3 Verfahren auf den 27.06.2024 bestimmt.

Die drei Fälle werden in der überwiegenden Berichterstattung als gleichgelagert dargestellt. Dies ist jedoch nur zum Teil der Fall. In den Verfahren mit den Aktenzeichen I ZR 139/24 und I ZR 141/24 hatte der Erwerber der Fototapete selbst das Bild mit der Fototapete öffentlich zugänglich gemacht. In einem der beiden Verfahren war dies der Betreiber eines Hotels. In einem der Hotelzimmer war die Fototapete angebracht und der Hotelier hatte das Motiv darauf im Rahmen seiner Werbung verwendet. Im anderen Fall hatte eine esoterische Lebensberaterin die Fototapete an ihrer Zimmerwand angebracht und sich selbst davor in mehreren Videos und Bilder davor platziert und dann ins Internet gestellt. In dem Verfahren mit dem Aktenzeichen I ZR 140/24 hatte nicht der Erwerber selbst das Bild mit der Fototapete öffentlich zugänglich gemacht, sondern ein Dritter. Dies war die Betreiberin einer Web- und Mediendesignagentur, die u.a. den Internetauftritt eines Tenniscenters mit angeschlossener Gastronomie erstellt hatte. Zur Werbung für ihr Unternehmen verwies sie auf ihrer eigenen Internetseite auf einige Referenzobjekte, u.a. auf das Tenniscenter, und machte dabei einen Screenshot der von ihr gestalteten Internetseite des Tenniscenters öffentlich zugägnlich, auf welchem die Fototapete gut zu sehen war.

Im Verhandlungstermin wurden noch keine Urteile verkündet. Dies ist in Verfahren vor dem BGH durchaus üblich. Verkündungstermin für die 3 anstehenden Entscheidungen wurde vom Bundesgerichtshof auf den 11.09.2024 bestimmt. In den mündlichen Verhandlungen hat der BGH noch nicht abschließend durchblicken lassen, wie er entscheiden wird. Nach einer Einführung in den Sach- und Streitstandt und die bisherige Rechtsprechung des BGH hatten die jeweiligen Parteivertreter Gelegenheit, Ihre Plädoyers zu halten und ihre Argumente vorzubringen. Dabei hatte der Vorsitzende des ersten Zivilsenats des BGH angedeutet, dass es möglicherweise eine Differenzierung danach geben könnte, ob der Erwerber der Fototapete selbst das Bild hierauf öffentlich zugänglich macht oder ob dies durch einen Dritten erfolgt. Im Anschluss hieran erfolgten keine Hinweise des BGH zu seiner vorläufigen Einschätzung, so dass bis zur Verkündung der Urteile offen ist, wohin die Reise geht. Möglicherweise sieht der BGH daher - wie im Verfahren BGH I ZR 140/24 - in den Fällen eine Urheberrechtsverletzung, in denen ein Dritter das Motiv auf einer Fototapete verwendet, nicht hingegen in den Fällen - wie in den Verfahren BGH I ZR 139/24 und BGH I ZR 141/24 - in denen der Käufer der Fototapete selbst das Motiv nutzt. Wir werden an dieser Stelle weiter berichten.