Urteile des Landgerichts Berlin zu Fotorechten und Bildrechten

Das Landgericht Berlin hat in Berlin eine sehr weitreichende Zuständigkeit. Es ist im gesamten Bundesland Berlin das einzige Landgericht. Daher ist das Landgericht Berlin dort für fotorechtliche und bildrechtliche Streitigkeiten zentral zuständig für alle Auseinandersetzungen mit einem Streitwert von mehr als € 5.000,00. Es kam gerade in den letzten Jahren auch sehr häufig vor, dass das Landgericht Berlin von einer Partei angerufen wurde, obwohl weder der Kläger noch der Beklagte dort ihren Wohnsitz bzw. Firmensitz haben. Dies liegt im Fotorecht unter anderem daran, dass das Landgericht Berlin eine stringente Linie bei der Geltendmachung von Verstößen gegen das Urheberrecht fährt. Zum anderen liegt dies auch daran, dass das Kammergericht Berlin (das dem Landgericht Berlin übergeordnete Oberlandesgericht) seit einiger Zeit in Bezug auf die Dringlichkeitsfrist bei der Beantragung von Einstweiligen Verfügungen sehr großzügig ist. Während in anderen Gerichtsbezirken bei einer Rechtsverletzung wie beispielsweise im Fotorecht einen Monat ab Kenntnis die einstweilige Verfügung bei Gericht beantragt sein muss, sieht das Kammergericht Berlin auch noch nach 2 Monaten die Dringlichkeit als gegeben an und erlässt – sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen – eine einstweilige Verfügung. Viele Inhaber von Bildrechten, die etwas lange gezögert haben oder deren Rechtsanwalt ein wenig langsam gearbeitet hat, beantragen daher beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung.

 

Landgericht Berlin Fotorecht: Kammern 15 und 16

Am Landgericht Berlin bearbeiten die 15. sowie die 16. Zivilkammer Sachen aus dem Urheber- und Verlagsrecht und damit aus dem Fotorecht. Außerdem bearbeiten diese beiden Kammern am Landgericht Berlin u. a. Sachen aus dem Recht des unlauteren Wettbewerbs und aus Rechtsgeschäften über solche Ansprüche einschließlich daraus hergeleiteter Vertragsstrafen sowie Ansprüche wegen unerbetener Werbung, Sachen aus dem Markenrecht einschließlich der Ansprüche dieser Schutzrechtsinhaber gegen Rechtsanwälte und Patentanwälte in Mandatsverhältnissen und umgekehrt und einschließlich daraus hergeleiteter Vertragsstrafen, Sachen aus dem Designrecht/ Geschmacksmusterrecht und einschließlich daraus hergeleiteter Vertragsstrafen, Ansprüche aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, soweit sie die vorstehenden Rechtsgebiete betreffen, einschließlich daraus hergeleiteter Vertragsstrafen, Entscheidungen nach dem Gesetz über Unterlassungs-klagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz, Ansprüche aus dem Namensrecht, sofern keine Pressesache, und Ansprüche aus dem Kunsturheberrechtsgesetz, sofern keine Pressesache, und einschließlich daraus hergeleiteter Vertragsstrafen, Ansprüche aus dem Buchpreisgesetz, Sachen aus dem Patent- und Gebrauchsmusterrecht sowie Topographieschutzsachen nach dem Halbleiterschutzgesetz sowie Kartellsachen.

 

Da die Richter der beiden für das Fotorecht zuständigen Zivilkammern am Landgericht Berlin ganz überwiegend mit dem Urheberrecht sowie einigen anderen angrenzenden Rechtsgebieten zu tun haben und in vielen Fällen bereits seit vielen Jahren im Urheberrecht tätig sind, verfügen diese Richter über eine erhebliche Sachkenntnis und Routine. Deshalb wählen viele Fotografen, die von ihrem Anwalt gut beraten sind, bei der Geltendmachung fotorechtlicher Streitigkeiten das Landgericht Berlin.

Landgericht Berlin Fotorecht-Beschluss vom 27.05.2014, Az.: 16 O 111/14

Während die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch im Falle einer unberechtigten Bildnutzung besteht, in „Standardfällen“ leicht zu beantworten ist und die Gerichte hier auch nicht zögern, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, tun sich zahlreiche Juristen und auch Richter oftmals schwer mit der Bemessung des Schadensersatzes, der den Fotografen für die unberechtigte Nutzung seiner Lichtbilder zusteht, und mit der Höhe der Anwaltskosten, die der Inhaber von Bildrechten von dem Rechtsverletzer erstattet bekommt.

 

Das Landgericht Berlin hat mit Beschluss vom 27.05.2014 (Az.: 16 O 111/14) zum Fotorecht entschieden, dass bei der gewerblichen Nutzung eines einzelnen Lichtbildes für den Unterlassungsanspruch ein Gegenstandswert von € 6.000,00 anzusetzen ist. Werden mit der Abmahnung oder im gerichtlichen Verfahren neben dem Unterlassungsanspruch auch andere Ansprüche geltend gemacht (Beseitigung, Schadensersatz), werden diese dem Gegenstandswert hinzugerechnet. Der Gegenstandswert ist im Fotorecht nicht gleichzusetzen mit dem Betrag, den der Rechtsverletzer dem Fotografen zu bezahlen hat. Vielmehr errechnen sich hieraus die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten. Wenn eine Abmahnung mit einem Gegenstandswert von € 6.000,00 ausgesprochen wird, ergeben sich Rechtsanwaltskosten von € 571,44 inklusive Umsatzsteuer. Wird auf die fotorechtliche Abmahnung eine ausreichende Unterlassungserklärung abgegeben und die Sache erledigt sich (da der Rechtsverletzer dem Fotografen außergerichtlich auch den Schadensersatz erstattet), dann fallen exakt die im letzten Satz genannten Rechtsanwaltskosten an. Streitet man sich dagegen vor einem Landgericht um den fotorechtlichen Unterlassungsanspruch, dann entstehen insgesamt (2 Rechtsanwälte sowie Gerichtkosten) € 2.648,90 inklusive Umsatzsteuer. Die Kosten trägt grundsätzlich derjenige, der den Prozess verliert. Dieser allgemeine Grundsatz gilt auch im Fotorecht. Wer also auf eine berechtigte Abmahnung nicht reagiert, für den wird es in der Regel deutlich teurer.

 

Mit diesem Beschluss und weiteren Beschlüssen in der Folgezeit hat das Landgericht Berlin seine Linie im Fotorecht gefestigt. Geht es in einem Rechtsstreit um eine Urheberrechtsverletzung in Bezug auf mehrere Fotos, erhöht sich der Gegenstandswert entsprechend.

Landgericht Berlin Bildrecht-Urteil vom 02.10.2019, Az.:  65 S 1/19: Videoüberwachung durch den Vermieter

Einen Fall zum Bildrecht hatte das Landgericht Berlin Ende des Jahres 2019 zu entscheiden. Der Vermieter eines Mehrfamilienhauses hatte Überwachungskameras im Innenbereich des Eingangs sowie im Innenhof des Hauses angebracht. Der Kläger des Verfahrens ist Mieter und fühlte sich in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Aufgrund der aus seiner Sicht schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der heimlichen Videoüberwachung machte er eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens € 601,00 geltend.

Sowohl das Amtsgericht Berlin-Neukölln in der ersten Instanz als auch das Landgericht Berlin in der Berufungsinstanz haben die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine schwerwiegende Verletzung des Rechts am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwar aufgrund der heimlichen Installation der Überwachungskameras vorlag, jedoch keine derar schwerwiegende Verletzung, welche eine Geldentschädigung rechtfertigen würde. Denn aufgrund des festegestellten Sachverhalts sei keine gezielte, generelle Überwachung der übersachten Mieter das Ziel des  Vermieters gewesen. Außerdem sei keine Veröffentlichung der Bildaufnahmen zu befürchten gewesen. Das Landgericht  Berlin berücksichtigte in diesem Zusammenhang auch, dass der klagende Mieter gegen den Vermieter zuvor erfolgreich einen Unterlassungstitel erwirkt und der Vermieter darauf die Überwachungskameras entfernt hatte.

Dieser in Berlin verhandelte Fall zeigt wieder einmal deutlich, dass in vielen Fällen einer Bildrechtsverletzung ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten vorliegt, der zu einem Unterlassungsanspruch führt, dass jedoch die Hürden für eine Geldentschädigung sehr hoch sind. Diese erfordern regelmäßig eine besondere Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts am eigenen Bild. Aus diesem Grunde werden dann, wenn ein Kläger diese Hürde überwunden hat, von den Gerichten auch selten Beträge von mindestens € 2.500,00 zugesprochen. Die Geltendmachung einer Geldentschädigung in Höhe von € 601,00 war daher nach unserer Einschätzung ohnehin etwas fragwürdig.

Landgericht Berlin Fotorecht-Urteil vom 30.07.2015, Az.: 16 O 410/14: MFM oder nicht?

In einem viel beachteten Urteil aus dem Jahr 2015 hat das Landgericht Berlin den Beklagten aufgrund einer unberechtigten Bildnutzung zur Unterlassung, Schadenserstz und Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Dabei hat das Landgericht Berlin jedoch anstelle des eingeklagten Schadensersatzes in Höhe von € 1.395,00 lediglich einen Betrag in Höhe von € 200,00 zugesprochen und im übrigen die Klage abgewiesen. Der klagende Fotograf hatte demzufolge 16 % der Verfahrenskosten zu tragen.

Der klagende Fotograf legte seiner Schadensberechnung in der Klage die MFM-Richtlinien zugrunde und errechnete hieraus den von ihm eingeklagten Betrag. Das Gericht lehnte im konkreten Fall jedoch die Zugrundelegung der MFM-Richtlinien ab und sprach lediglich einen Schadensersatz in Höhe von € 100,00 zu, der aufgrund fehlender Urheberkennzeichnung auf € 200,00 verdoppelt wurde.

Dem vom LG Berlin entschiedenen Sachverhalt lag die Besonderheit zugrunde, dass das Lichtbild vom Fotografen auf der Plattform Pixelio eingestellt und vom späteren Beklagten von dort bezogen wurde. Der Beklagte hätte das Bild an sich verwenden dürfen, stellte das Lichtbild jedoch entgegen der Nutzungsbedingungen ohne eine Urheberkennzeichnung online, weswegen der Fotograf klagte. In dieser besonderen Konstellation urteilte das LG Berlin nunmehr, dass hier ein Rückgriff auf die MFM-Richtlinien ausscheidet und ging stattdessen von € 100,00 Schadensersatz aus. Der Schadensersatz ergibt sich daraus, dass durch die fehlende Urheberkennzeichnung die Werbewirkung des Bildes verloren ging, wegen der der Fotograf überhaupt eine Lizenzierung über Pixelio angeboten hatte.

Landgericht Berlin Fotorecht-Urteil vom 06.05.2014, Az.: 15 S 16/13: Fliegender Gerichtsstand im Fotorecht

Unter Verweis auf die Vorschrift des § 32 ZPO hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 06.05.2014 entschieden, dass bei einer im Internet begangenen Rechtsverletzung der sogenannte fliegende Gerichtsstand gilt. Die Vorschrift des § 32 ZPO regelt, dass bei einer unerlaubten Handlung des Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Handlung begangen wurde. Dies hatte in der Vergangenheit immer wieder zu Streit geführt.

Einige Gerichte hatten in der Vergangenheit entschieden, dass Voraussetzung für den Gerichtsstand nach § 32 ZPO eine bestimmungsgemäße Abrufbarkeit der Internetseite im Gerichtsbezirk gegeben war. Auch der BGH hatte eine bestimmungsgemäße Abrufbarkeit gefordert (vgl. Urteil vom 29. April 2010, Az.: I ZR 69/08). Zumindest dann, wenn sich die vorgeworfene unerlaubte Handlung auch im Gerichtsbezirk auswirkt, ist somit nach Auffassung des Landgerichts Berlin eine Zuständigkeit nach § 32 ZPO gegeben.

 Anmerkung:

 Zwischenzeitlich hat auch der BGH das Kriterium der bestimmungsgemäßen Abrufbarkeit wieder aufgegeben. Es reicht somit aus, dass eine Seite (auch) im Gerichtsbezirk abrufbar ist, was quasi bei jeder Internetseite weltweit der Fall ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2016; I ZR 43/14). Damit ist nunmehr der fliegende Gerichtsstand bei Urheberrechtsverletzungen im Internet (wieder) vollständig eröffnet.