Urteile des Landgerichts Nürnberg-Fürth zum Urheberrecht und Fotorecht

Das Landgericht Nürnberg-Fürth in Bayern hat im Fotorecht eine flächenmäßig sehr weitreichende Zuständigkeit und ist im Urheberrecht und Fotorecht zentral zuständig im gesamten OLG-Bezirk Nürnberg und damit zur Entscheidung berufen für Angelegenheiten, die in den Bezirken der Landgerichte Amberg, Ansbach, Nürnberg-Fürth, Regensburg und Weiden liegen. Außerdem ist das Landgericht Nürnberg-Fürth zur Entscheidung berufen im OLG-Bezirk Bamberg und damit den Landgerichtsbezirken Aschaffenburg, Bamberg, Bayreuth, Coburg, Hof, Schweinfurt und Würzburg. Trotz der an sich sehr weitreichenden Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth sind nur wenige fotorechtliche Fälle aus Nürnberg bekannt geworden. Auch unsere Kanzlei hatte in der Vergangenheit nur vereinzelt in urheberrechtlichen Angelegenheiten am Landgericht Nürnberg-Fürth zu tun.

 

Landgericht Nürnberg-Fürth Urheberrecht und Fotorecht: Zivilkammer 3

Beim Landgericht Nürnberg-Fürth gibt es trotz des großen Einzugsgebiets des Gerichts nur eine Kammer, denen urheberrechtliche und damit fotorechtliche Sachverhalte zugewiesen sind. Dabei handelt es sich um die Zivilkammer 3 des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Der 3. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth sind Fälle zugewiesen aus den folgenden Bereichen

 

- Verfahren erster Instanz im Turnus gemäß Abschnitt A 3.1 (Anlage Z1);

 

- Urheber- und Designsachen;

 

- Maßnahmen nach §§ 100c StPO, 100d Abs. 1 StPO; Art. 34d Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 3 BayPAG; § 74a Abs. 4 GVG.

 

Neben den Urheber- und Designsachen sind der 3. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth mehrere andere Aufgabenbereiche zugeteilt, das verdeutlicht, dass in dem für die beiden großen OLG-Bezirke Nürnberg und Bamberg vergleichsweise wenige fotorechtliche bzw. urheberrechtliche Fälle bearbeitet werden. Fotorechtliche Streitigkeiten können jedoch auch von der 11. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth entschieden werden, wenn es sich um Pressesachen handelt und beispielsweise eine Persönlichkeitsrechtsverletzung aufgrund einer unerlaubten Bildnutzung geltend gemacht wird.

 

Landgericht Nürnberg-Fürth Fotorecht-Urteil vom22.01.2008 (AZ. 3 O 2880/07)

Ein vor allem für Sachverständige wichtiges fotorechtliches Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth am 22.01.2008 zu seinem Aktenzeichen 3 O 2880/07 verkündet. Es ging bei diesem fotorechtlichen Urteil um den Rechtsstreit zwischen einem Kfz-Sachverständigen und einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Der beklagte Sachverständige hatte nach einem Verkehrsunfall im Auftrag seiner Kundin, der Geschädigten des Unfalls, ein Gutachten erstellt und hierfür mehrere Lichtbilder angefertigt. Das Gutachten samt der Lichtbilder hatte der an seine Kundin und die spätere Klägerin, die Versicherung, übersandt. Die Versicherung stellte, wie dies nach den Feststellungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth üblich ist, die Fotos aus dem Gutachten in eine Restwertbörse im Internet ein, um den Restwert des Fahrzeuges überprüfen zu können, nachdem dieser zuvor durch den Sachverständigen ermittelt worden war.

 

 

Der Sachverständige versandte darauf hin eine urheberrechtliche Abmahnung an die Versicherung und forderte in der Abmahnung von der Versicherung die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

 

 

Die Versicherung erhob nach Zustellung der Abmahnung negative Feststellungsklage beim Landgericht Nürnberg-Fürth und beantragte die die Feststellung, dass der Sachverständige nicht berechtigt sei, der Klägerin zu untersagen, Lichtbilder, welche der beklagte Sachverständige beziehungsweise seine Mitarbeiter im Rahmen eines Schadensgutachtens gefertigt und der Klägerin zum Zwecke der Regulierung des Haftpflichtschadens überlassen haben, in Restwertbörsen im Internet einzustellen und dort zu veröffentlichen. Weiterhin begehrt die klagende Versicherung die Feststellung, dass dem Beklagten gegenüber der Klägerin aus der eben beschriebenen Handlung keine Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz entstanden seien.

 

Der beklagte Sachverständige erhob nach Zustellung der negativen Feststellungsklage Hauptsacheklage bei einem anderen Landgericht. Damit bestand für die negative Feststellungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr und die Parteien erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, so dass das Landgericht Nürnberg-Fürth nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden hatte.

 

 

Bei dieser summarischen Prüfung gelangte das Landgericht Nürnberg-Fürth zu dem Ergebnis, dass der beklagte Sachverständige keine fotorechtlichen Ansprüche gegen die klagende Versicherung hatte und legte ihm daher die Kosten des Rechtsstreits auf. Insoweit führt das Landgericht Nürnberg-Fürth wie folgt aus:

 

 

„Die Klägerin kann sich auf ein vertragliches Nutzungs- und Verwertungsrecht berufen. Bei der Übertragung von solchen Nutzungs- und Verwertungsrechten ist es nicht erforderlich, dass ein schriftlicher oder mündlicher Vertrag geschlossen wird. Entsprechende Verträge können selbstverständlich, wie alle anderen formfreien Verträge, auch durch schlüssiges Handeln geschlossen werden. Dem steht keinesfalls die Zweckübertragungslehre entgegen. Diese begründet kein Formerfordernis, sondern ist lediglich eine Auslegungsregel, wonach im Zweifel der Urheber keine weitergehenden Rechte überträgt, als es der Zweck der Verfügung erfordert (BGH GRUR 2003, 234, 236 – EROC III). Somit ist das Handeln der Parteien nach dem objektiven Empfängerhorizontes auszulegen. Dabei ist auch auf Verkehrssitten Rücksicht zu nehmen, die in der jeweiligen Branche üblich sind (BGH GRUR 2004, 938, 939 – Comic-Übersetzungen III).

 

 

 

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze der Vertragsauslegung kommt die Kammer im vorliegen Fall zu dem Ergebnis, dass ein Nutzungsrecht übertragen wurde. Entscheidend ist der Umstand, dass es unstreitig seit Jahren üblich ist, dass Lichtbilder aus Schadensgutachten in diese Börsen eingestellt werden. Damit hat sich eine Verkehrssitte herausgebildet, welche dem Beklagten bei Übersendung des Gutachtens bekannt war, ebenso wie der Klägerin bei Empfang des Gutachtens. Daher kann die Übersendung des Gutachtens aus Sicht eines objektiven Empfängers nur so verstanden werden, dass der Beklagte als Urheber oder Inhaber der Nutzungs- und Verwertungsrechte auch die Einräumung des streitgegenständlichen Nutzungsrechtes anbot. Eine ausdrückliche Annahme dieses Angebots war nicht zu erwarten, sodass der Vertrag über die Einräumung von Nutzungs- und Verwertungsrechten bereits mit Übersendung der Gutachten und Lichtbilder geschlossen wurde, § 151 S. 1 BGB.“

 

 

Da Versicherungsgesellschaften üblicherweise in ihnen überlassenen Gutachten enthaltene Fotos und Lichtbilder von geschädigten Fahrzeugen in Restwertbörsen im Internet einstellten und dies einem Sachverständigen bekannt sein müsse, ist nach Auffassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth von der Einräumung eines vertraglichen Nutzungsrechts auszugehen.

 

 

 

Das Landgericht Hamburg sah die Sache übrigens anders als das Landgericht Nürnberg-Fürth und entschied durch Urteil vom 05.01.2010 zu seinem Aktenzeichen 310 O 34/09, dass die Versicherung grundsätzlich nicht befugt ist, ohne ausdrückliche Einwilligung des Sachverständigen die im Gutachten enthaltenen Lichtbilder in eine Online-Restwertbörse einzustellen. Das halte ich persönlich auch überzeugender, da Nutzungsrechte im Fotorecht in der Regel nur bei einer ausdrücklichen Einwilligung des Inhabers von Bildrechten eingeräumt werden. Bei Einstellung von Fotos und Lichtbildern in eine Restwertbörse im Internet ist in aller Regel der im Fotorecht häufige fliegende Gerichtsstand gegeben, so dass sich Fotografen oder sonstige Inhaber von Bildrechten aussuchen können, bei welchem Landgericht sie Klage erheben. In dem hier geschilderten Fall dürfte daher eine Klage in Hamburg deutlich erfolgversprechender sein als in Nürnberg.