Urteile des OLG Karlsruhe zu Fotorechten und Bildrechten

Das OLG Karlsruhe ist in Baden-Württemberg zuständig für Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse des Landgerichts Mannheim. Da dem Landgericht Mannheim im gesamten OLG-Bezirk Karlsruhe u.a. urheberrechtliche Streitigkeiten zugewiesen sind und am Landgericht Mannheim sehr viele Auseinandersetzungen um das Urheber- und Fotorecht ausgetragen werden, kommt der Rechtsprechung des übergeordneten Oberlandesgerichts Karlsruhe eine besondere Bedeutung zu.

 

Urteile und Beschlüsse OLG Karlsruhe Fotorecht: 6. Zivilsenat

Beim OLG Karlsruhe sind dem 6. Zivilsenat urheberrechtliche Entscheidungen zugewiesen. Daher entscheidet der 6. Zivilsenat des OLG Karlsruhe über fotorechtliche Streitigkeiten. Der Senat ist beim OLG Karlsruhe unter anderen zuständig für Streitsachen auf den Gebieten des Patent-, Gebrauchsmuster- und des Sortenschutzrechts einschließlich Streitigkeiten über Arbeitnehmererfindungen (§ 39 ArbNErfG) sowie auf dem Gebiet des Halbleiterschutzes aus den Bezirken der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Stuttgart, für Streitsachen aufgrund des Designgesetzes, Streitsachen aufgrund des Urheberrechtsgesetzes und des Verlagsgesetzes sowie für Streitsachen auf dem Gebiet des Warenzeichen- und Markenrechts. Diese Zuweisung auf die Gebiete des Gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts sorgt für eine hohe Spezialisierung der Richter des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe.

 

OLG Karlsruhe Fotorecht-Urteil vom 03.12.2012 (Az.:6 U 92/11): Vertragsstrafe bei Löschen des Links

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am 03.12.2012 zum Aktenzeichen 6 U 92/11 ein Urteil verkündet, das von der „Szene“ im Fotorecht viel beachtet wird und das grundlegende Ausführungen zur Vertragsstrafe nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nach der unerlaubten Verwendung eines Lichtbildes enthält.

 

Der Kläger, ein Fotograf, hatte ein bestimmtes von ihm erstelltes Lichtbild auf einer Internetplattform veröffentlicht. Unter Einhaltung bestimmter Nutzungsbedingungen durften Dritte das Bild verwenden. Da der beklagte Verlag das Lichtbild unter Verstoß gegen die vorgegebenen Nutzungsbedingungen verwendet hatte (fehlende Urheber- und Quellenangabe), mahnte der Fotograf den Verlag ab, der daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab. Der Verlag löschte auch den Link zu der Seite, auf der er das Lichtbild veröffentlicht hatte. Jedoch unterließ er es, das Bild insgesamt von seinem Server zu löschen, so dass das Lichtbild durch direkte Eingabe der URL nach wie vor auf der Internetseite des Verlages abgerufen werden konnte.

 

Der Fotograf machte wegen Verstoßes gegen die abgegebene Unterlassungserklärung von € 6.000,00 geltend und forderte zugleich die Erstattung von Rechtsanwaltskosten aus diesem Betrag als Gegenstandswert. Der beklagte Verlag wehrte sich mit dem Argument, die bloße Abrufbarkeit des Lichtbildes über die URL-Adresse sei kein öffentliches Zugänglichmachen. Da die URL nicht bekannt sei und das Lichtbild auch über Suchmaschinen nicht aufgefunden werden könne, werde es für die Öffentlichkeit nicht in einer Weise bereitgehalten, dass der Abruf und die Übertragung ohne weiteres Zutun des Anbieters möglich wäre.

 

Das Landgericht Freiburg ist dieser Argumentation gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Das Abspeichern des Lichtbildes durch den Verlag sei von dem klagenden Fotografen nach den Lizenzvertragsbedingungen gestattet. Da der Zugriff durch Dritte voraussetze, dass der Speicherpfad bekanntgegeben werde, stelle das Abspeichern des Lichtbildes auf dem Server kein öffentliches Zugänglichmachen i.S. des § 19 a UrhG und damit keinen Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung dar. Darüber hinaus sei die Geltendmachung der Vertragsstrafe im Hinblick auf die vom Kläger selbst geschaffene Situation treuwidrig. Gegen dieses Urteil des Landgerichts Freiburg legte der Fotograf Berufung beim OLG Karlsruhe ein und war mit seiner Berufung weitgehend erfolgreich.

 

Anders als das Landgericht Freiburg in der ersten Instanz nahm das OLG Karlsruhe in der Berufungsinstanz sehr wohl einen Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung an und bejahte im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des öffentlichen Zugänglichmachens nach § 19 a UrhG. Zur Abrufbarkeit durch Eingabe der direkten URL hat das OLG Karlsruhe in seinem Fotorechts-Urteil vom 03.12.2012 folgende Feststellungen getroffen:

 

„Aufgrund der von der Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung war diese verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass das betreffende Lichtbild nicht mehr über ihre Website oder die von ihr verwendete URL öffentlich zugänglich war. Ein Zugänglichmachen in diesem Sinn wird jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht dadurch objektiv ausgeschlossen, dass die URL so aufwendig ausgestaltet ist, dass sie als Sicherheitscode kaum überwunden werden könnte. Für den Streitfall ist entscheidend, dass es Dritten dann, wenn - wie im Streitfall - eine Verlinkung mit einer Website bestanden hat, möglich bleibt, das im Internet zugängliche streitgegenständliche Lichtbild auch ohne genaue Kenntnis der URL aufzufinden. Das ermöglichen insbesondere auf den Rechnern Dritter gespeicherte URLs, welche die Nutzer unmittelbar auf die noch vorhandene Datei führen (ebenso OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 383 juris-Rn. 33)…

 

Damit konnte jeder, der im Rahmen der Wahrnehmung des redaktionellen Beitrags die URL-Adresse des Lichtbildes festgehalten hatte, auch nach der Entfernung des Links das Lichtbild unter Eingabe der URL-Adresse in den Browser von der Homepage der Beklagten aufrufen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es dabei nicht darauf an, dass es unwahrscheinlich ist, dass jemand diese URL-Adresse vermerkt, um später darauf zurückgreifen zu können… Die Beklagte hat den Zugriff auf das Lichtbild auch nicht durch technische Vorkehrungen gegen das Anzeigen verhindert. Angesichts der Beibehaltung der URL-Adresse ist es unerheblich, dass das Lichtbild nach der Entfernung aus dem redaktionellen Beitrag nicht mehr von Suchmaschinen hat aufgefunden werden können.“

 

Das OLG Karlsruhe hat in dieser viel beachteten Entscheidung zum Fotorecht wichtige Grundsätze aufgestellt, die für das Fotorecht von Bedeutung sind. Viele Fotografen stört zu Recht, dass ihre Bilder unerlaubt im Internet veröffentlicht werden. Spätestens nach Abgabe einer Unterlassungserklärung sollte das Lichtbild eigentlich entfernt sein. Vielen Betreibern einer Internetseite ist indes nicht einmal klar, dass die bloße Entfernung des Links nicht dazu führt, dass das Bild nicht mehr abgerufen werden kann. Das OLG Karlsruhe hat diesen Interessenkonflikt nunmehr zu Gunsten der Fotografen entschieden und festgehalten, dass ein öffentliches Zugänglichmachen nach § 19 a UrhG auch dann vorliegen kann, wenn kein direkter Link auf die Internetseite (mehr) besteht. Da der Betreiber einer Internetseite wissen muss, dass die unveränderte Beibehaltung der URL zu einer Abrufbarkeit des Bildes führt, sah das OLG Karlsruhe auch ein Verschulden und verurteilte den Verlag zur Zahlung einer Vertragsstrafe.

OLG-Karlsruhe Bildrecht-Beschluss vom 28.07.2004 (Az.: 6 U 39/04) - Kein Bildnisschutz für Bildfragment

Im Rahmen einer Kostenentscheidung hat das OLG Karlsruhe am 28.07.2004 entschieden, dass ein Bildfragment, das nicht eine Person oder zumindest ihre charakteristischen Merkmale wiedergibt, sondern lediglich ein geistiges Erinnerungsbild einer bestimmten Person beim Betrachter hervorruft, kein Bildnis dieser Person i.S. von § 22 KUG ist. Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild und damit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der "abgebildeten" Person liegt somit nicht vor und somit auch kein Unterlassungsanspruch.

 

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Unternehem im Rahmen der vergleichenden Werbung eine am Tag zuvor erschienene Werbeanzeige eines Konkurrenzunternehmens in Teilen abgebildet. Auf dieser war der Antragsteller zu sehen. Dieser beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das werbende Unternehmen, welche das Landgericht Mannheim auch erließ und es dem werbenden Unternehmen untersagte, Fotos des Antragstellers für Werbezwecke zu verwenden bzw. verwenden zu lassen, wie in BILD, Ausgabe Rhein-Neckar vom 14. 11. 2003, geschehen. Der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung war erfolglos, weil das Landgericht Mannheim nach wie vor eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild annahm. Gegen dieses Urteil legte das Unternehmen Berufung ein und beantragte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Zurückweisung des Verfügungsantrages.

 

Zwischenzeitlich hatte der Antragsteller dieses Verfahrens jedoch beim Landgericht Mannheim Hauptsacheklage erhoben. Das Landgericht Mannheim sah auch im Hauptsacheverfahren eine Verletzung des Klägers und verurteilte (u.a.) das werbende Unternehmen zur Unterlassung. Im Hinblick auf dieses Urteil im Hauptsacheverfahren haben beide Parteien vor dem OLG Karlsruhe das Verfügungsverfahren für erledigt erklärt und beantragt, der jeweils anderen Partei die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

 

Anders als noch das Landgericht Mannheim in der Vorinstanz sah das OLG Karlsruhe keine Verletzung des Rechts am eigenen Bild bzw. das allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers. Das Landgericht Mannheim hatte es als ausschlaggebend gesehen, dass der bekannte Antragsteller anhand seinder Frisur und seiner Kleidung identifiziert werden konnte. Das OLG Karlsruhe sah dies indes ganz anders und stellt darauf ab, dass nur ein kleines Bildfragment, das nicht das Abbild einer Person wiedergibt, gezeigt wurde:

 

"Es ist weder die Andeutung eines Gesichts noch überhaupt eine menschliche Kontur zu sehen, so dass nichts auf das Bild eines Menschen hindeutet. Dem Betrachter wird ersichtlich kein Mensch in seiner persönlichen Eigensphäre vorgestellt, insbesondere kann in dem Bildausschnitt weder die Haartracht noch der Nadelstreifenanzug gerade des Kl. entdeckt werden. Es kann im Übrigen nicht angenommen werden, dass sich der Kl. auf Frisur und Nadelstreifen als Kennzeichen seiner Persönlichkeit(smerkmale) reduzieren (lassen) will. Die erkennbaren Bildelemente lassen sich daher entgegen der Auffassung des LG auch nicht zu einem Persönlichkeitsabdruck des Kl. verdichten."

 

Damit wäre der Antragsteller aber bei streitigem Fortgang des Verfahrens in der Hauptsache unterlegen. Aus diesem Grunde legte das OLG Karlsruhe dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auf.