Das Landgericht München I hat in Bayern eine sehr weitreichende Zuständigkeit. In den Bezirken der Landgerichte Augsburg, Deggendorf, Ingolstadt, Kempten (Allgäu), Landshut, Memmingen, München I, Passau, Traunstein ist das Landgericht München I für fotorechtliche und bildrechtliche Streitigkeiten zentral zuständig für alle Auseinandersetzungen mit einem Streitwert von mehr als € 5.000,00. Da bei fotorechtlichen Urheberrechtsverstößen im Internet in vielen Fällen der sogenannte fliegende Gerichtsstand gilt mit der Folge, dass sich ein Fotograf das Gericht aussuchen kann, bei dem er Klage einreicht oder eine einstweilige Verfügung beantragt, wird das Landgericht München I auch oftmals in vielen Fällen angerufen, in denen keiner der Beteiligten in München oder sonst in Bayern seinen Wohnort hat. Denn das Landgericht München I hatte in den letzten Jahren zahlreiche fotorechtliche Auseinandersetzungen zu entscheiden und hat für Fotografen eine sehr verlässliche Rechtsprechung.
Dass beim Landgericht München I zahlreiche urheberrechtliche und damit auch fotorechtliche Auseinandersetzungen entschieden werden, zeigt bereits der Umstand, dass es beim Landgericht München I insgesamt vier Zivilkammern gibt, die für urheberrechtliche Fälle zuständig sind. Bei anderen Landgerichten in Deutschland – auch solchen mit einer Spezialzuweisung – gibt es oftmals nur eine oder zwei spezielle Urheberrechtskammern. Am Landgericht München I bearbeiten die 7., 21., 33. sowie die 37. Zivilkammer Urheberrechtssachen.
Da die Richter der vier für das Fotorecht zuständigen Zivilkammern am Landgericht München I ausschließlich mit dem Urheberrecht sowie einigen anderen angrenzenden Rechtsgebieten zu tun haben und in vielen Fällen bereits seit vielen Jahren im Urheberrecht tätig sind, verfügen diese über eine gute Sachkenntnis und Routine. Aus diesem Grunde entscheiden sich viele Inhaber von Bildrechten, die sich aufgrund des fliegenden Gerichtsstandes im Fotorecht das Gericht aussuchen können, für das Landgericht München I.
Einen auf den ersten Blick etwas kuriosen Rechtsstreit hatte das Landgericht München I im Jahr 2008 zu entscheiden. Ein großes, weltweit tätiges Bilderportal hatte zunächst einen Internetnutzer wegen der unberechtigten Nutzung mehrerer Fotos abgemahnt. Der Internetnutzer erhob darauf beim Landgericht München I eine sogenannte negative Feststellungsklage und beantragte festzustellen, dass dem Bilderportal nicht die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche zustehen. Daraufhin erhob das Bilderportal Widerklage mit dem Antrag, den Kläger zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen. Darauf musste der Kläger seinen Antrag für erledigt erklären und das Landgericht München I hatte nur noch über die Zahlungsklage des Bilderportals sowie die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 18.09.2008 (AZ.: 7 O 8506/07) den Kläger zur Zahlung von € 10.460,00 an das Bilderportal verurteilt, der Kläger muss außerdem die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Landgericht München I hat dabei einige für das Fotorecht insgesamt bedeutsame Entscheidungen getroffen:
Zunächst hat das Landgericht München I festgestellt, dass das deutsche Urhebergesetz auch in solchen Fällen anzuwenden ist, in denen der Fotograf der Lichtbilder bzw. Fotos ein Engländer bzw. US-Amerikaner ist. Denn sowohl England als auch die USA sind Mitgliedsstaaten der Revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ), welche die internationale Zuständigkeit bei Urheberrechtssachen regelt. Zu den von der RBÜ erfassten Werke gehören nach Art. 2 Abs. 1 RBÜ Lichtbildwerke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG. Da die Lichtbilder, in denen es in der Entscheidung des Landgerichts München I ging, als Lichtbildwerke geschützt waren und das Bilderportal die erforderlichen Nutzungsrechte von den Fotografen der Bilder erworben hatte, konnte das Bilderportal in München gegen einen deutschen Internetnutzer klagen.
Für die Nutzung der insgesamt sechs Lichtbilder sprachen die Richter des Landgerichts München I dem Bilderportal einen Schadensersatz in Höhe von zusammen € 5.230,00 zu. Dabei stellten sie im Rahmen der Lizenzanalogie auf die Tarife ab, die das Bilderportal für die Nutzung seiner Fotos für den jeweiligen Zeitraum berechnete. Da der Kläger außerdem nicht den Urheber der Bilder angegeben hatte und da das Bilderportal im Rahmen der gewillkürten Prozessstandschaft Ansprüche der Fotografen im eigenen Namen geltend machte, sprach das Landgericht München I dem Bilderportal einen weiteren Anspruch in Höhe von 100 % des Schadensersatzes zu, so dass der Kläger insgesamt € 10.460,00 an das Bilderportal sowie die Verfahrenskosten bezahlen musste.
Bereits mit Urteil vom hatte das Landgericht München I entschieden, dass es für die erforderliche Urheberkennzeichnung im Rahmen von CC-Lizenzen nicht ausreichend ist, wenn bei Überstreichden des Bildes mit der Computermaus der Name des Urhebers erkennbar wird. Folgends schrieb das Landgericht München I hierzu in seiner Urteilsbegründung:
„Der Lizenztext führt unter Ziffer 4.b. aus, dass die nach dieser Vorschrift erforderlichen Angaben – hierzu gehört die Angabe des Namens des Rechteinhabers – in jeder angemessenen Form gemacht werden können. Die von der Beklagten gewählte Mouse-Over-Funktion erfüllt diese Voraussetzung nicht. Dies ergibt sich bereits aus dem Sinn und Zweck der Lizenzbedingungen einerseits und der Funktionsweise der Mouse-Over-Benennung andererseits. Wie von Klägerseite ausgeführt, erscheint bei Wahl der Mouse-Over-Funktion der Name des Urhebers genauso wie der Hinweis auf die Lizenz lediglich dann, wenn man mit der Maus eine kurze Zeit auf dem Bild verweilt. Zudem sind der Urheber und die Lizenz nicht ersichtlich, sofern ein Endgerät ohne Maus bzw. eine entsprechende Funktion verwendet wird.
Aufgrund dieser Gestaltung erscheinen der Name des Urhebers und die Lizenz bzw. deren Verlinkung nicht beim bloßen Betrachten des Bildes. Damit ist durch die gewählte Mouse-Over-Funktion nicht sichergestellt, dass jeder Nutzer den Namen des Urhebers und die verwendete Lizenz zur Kenntnis nimmt. Die Vorgaben, unter denen eine Lizenz überhaupt erst eingeräumt wird, werden somit bei einem Teil der zu erwartenden Aufrufe im Internet nicht eingehalten werden.“
Das sogenannte Mouse-Over ist also nach Auffassung des Landgerichts München I nicht ausreichend. Umgekehrt wird man sagen müssen, dass ein Mouse-Over auch nicht erforderlich ist. Es ist somit ausreichend - aber auch erforderlich - dass der Name des Urhebers an einer angemessenen Stelle auf der Internetseite zu finden ist.
In einem von unserer Kanzlei für die Klägerin erwirkten Urteil hat das Landgericht München I einen beklagten Handwerker, der zur Bewerbung seiner Angebote eine Fototapete verwendete, zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Zahlung eines Mindestschadens sowie zur Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung verurteilt. Außerdem hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von € 18.196,00 zu zahlen. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass der Beklagte in der Fototapete gleich zwei Bilder verwendet hatte, an denen unsere Mandantin die ausschließlichen Nutzungsrechte hat. Die beiden Bilder waren zusammengesetzt und das zusammengesetzte Motiv als Fototapete im Handel verkauft worden.
Auf die Abmahnung hatte der Händler zunächst per Email um Mitteilung des Links zu seiner (eigenen!) Facebookseite gebeten, dann aber auf unsere Email mit dem Link nicht weiter reagiert, so dass wir Klage erhoben und das Landgericht München I ein Versäumnisurteil erließ. Der Händler legte daraufhin durch seinen Anwalt Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein und argumentierte damit, dass er das Bild von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekommen hatte und folglich nicht verantwortlich sei. Außerdem seien die Beträge überzogen, zumal es sich ja auch nur um ein Bild und nicht um zwei Bilder handele. Die von uns angesetzten und vom Landgericht München I im Versäumnisurteil bestätigten Gebührensätze der MFM-Richtlinien seien keine geeignete Grundlage zur Schadensberechnung. Der von uns zugrundegelegte und vom Landgericht München I im Versäumnisurteil bestätigte Gegenstandswert sei ebenso überzogen. Nunmehr muss das Gericht eine streitige Entscheidung treffen.
Rechtsanwalt Andreas Forsthoff
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Kleingemünder Str. 72/10
69118 Heidelberg
Tel. 06221 7249 615
Email info (at) fotorecht-heidelberg.de
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